Endometriose – was macht diese Krankheit aus?

I: Ilka Brühl
B: Doktor Miriam Mottl

I: Herzlich Willkommen zu: Von Achtsam bis Zuckerfrei, dem Gesundheitspodcast der Audi BKK. In diesem widmen wir uns einer Vielzahl an Themen, die Körper und Geist betreffen. Willkommen zu einer weiteren spannenden Ausgabe unseres Gesundheitspodcasts. In dieser Episode widmen wir uns einem hoch relevanten Thema, das oft im Schatten bleibt und dennoch das Leben von Millionen von Frauen weltweit betrifft: Endometriose. Endometriose ist eine komplexe und oft schmerzhafte Erkrankung des weiblichen Fortpflanzungssystems, die immer noch viele Fragen und Missverständnisse aufwirft. Wir haben eine erfahrene Gynäkologin eingeladen, um mit uns über diese Krankheit zu sprechen und wichtige Informationen und Erkenntnisse zu teilen. Doktor Miriam Mottl ist Gynäkologin und Sexualmedizinerin. Sie ist Oberärztin an der Universitätsklinik in Linz und hat eine eigene Praxis. Endometriose betrifft etwa jede zehnte Frau im gebärfähigen Alter. Trotz dieser hohen Zahl bleibt die Erkrankung häufig unerkannt oder wird fehldiagnostiziert, was zu erheblichem körperlichen und emotionalen Leid führen kann. In dieser Podcast-Episode werden wir deshalb Fakten rund um Endometriose beleuchten, von den Grundlagen der Erkrankung bis hin zu Diagnosemöglichkeiten, Behandlungsansätzen und Bewältigungsstrategien. Unsere Expertin wird uns nicht nur Einblicke in die medizinischen Aspekte von Endometriose geben, sondern auch wertvolle Ratschläge und Empfehlungen zur Verbesserung der Lebensqualität. Wir hoffen, dass diese Episode dazu beitragen wird, das Bewusstsein für Endometriose zu schärfen und Frauen sowie deren Angehörigen eine Informationsquelle und Unterstützung zu bieten. Lasst uns gemeinsam mehr Klarheit und Verständnis schaffen und Frauen dabei unterstützen, ein gesundes und erfülltes Leben zu führen. Hallo, liebe Miriam, willkommen in unserem Podcast.

B: Hallo, danke für die Einladung.

I: Ich freue mich sehr, dass du da bist, denn wir reden heute über ein Thema, das in letzter Zeit immer mehr Aufmerksamkeit bekommen hat: Endometriose. Was ist, wenn ich das zwar schon einmal gehört habe, aber nicht weiß, was das bedeutet? Kannst du mir das dann relativ einfach erklären?

B: Endometriose ist etwas, was in den letzten Jahren die Forschungsgeister in der Medizin bewegt hat. Als ich noch studiert habe, haben wir gelernt, dass die Endometriose Zellen der Gebärmutterschleimhaut wäre, dies ist aber inzwischen eine falsche Information. Wir wissen, dass das Zellen sind, die sich ähnlich verhalten können wie die Schleimhaut in der Gebärmutter. Das bedeutet, dass die auf die hormonellen Auswirkungen, die unsere Eierstöcke und unser Körper tun, reagieren können, und dann zum Beispiel, wie wenn man Regelblutung hätte, mit-bluten. Da das das erste war, was aufgefallen ist, ist man früher davon ausgegangen, dass das identisch damit ist. Jetzt, durch die Histologie und die Wissenschaft, wissen wir aber, dass das nur Zellen sind, die sich ähnlich verhalten. Die können überall im Körper vorkommen, also nicht nur im kleinen Becken, wovon wir früher ausgegangen sind. Es gibt sogar Fälle, wo es in der Lunge oder im Gehirn beschrieben ist. Es ist super selten, keine Angst, aber eine der häufigeren Formen ist, dass sich diese Zellen in der Gebärmutterwand befinden können. Das ist eine Sonderform der Endometriose, die Adenomyose.

I: Das heißt, wahrscheinlich meinen die meisten Leute genau diesen Fall, wenn sie von Endometriose reden.

B: Wie Endometriose früher am häufigsten diagnostiziert worden ist: Der Verdacht wird gestellt, weil man eine komische Zyste sieht, die blutgefüllt ist. Dann gehen wir davon aus, es könnte eine Endometriose-Zyste sein, und dann macht man eine Bauchspiegelung und schaut in den Bauch hinein, um diese Zyste zu entfernen, und sieht viele unterschiedliche Herde im ganzen Bauchraum. Dass das kleine Becken betroffen ist, ist die häufigste Form der Endometriose. All die Neuerungen, die wir herausgefunden haben, haben auch damit zu tun, dass unsere Ultraschallgeräte deutlich besser geworden sind, wir viel mehr sehen können, und dadurch auch viel mehr nicht-invasiv diagnostizieren können. Trotzdem ist es immer noch so, dass die Diagnose einer Endometriose klassisch durch eine Operation gestellt wird, also durch einen histologischen Nachweis. Das bedeutet, dass man eine Probe gewinnt, die einem Pathologen, einem speziellen Mediziner, zur Verfügung stellt, der sich die Zellen anschaut und dann sagt, dass diese Zellen aussehen wie Endometriose-Zellen. Dann bekommt man die Diagnose Endometriose.

I: Vielen Dank für die Erklärung. Wie können Frauen für sich bemerken, dass sie eventuell eine Endometriose haben, und welche Symptome treten da auf?

B: Das häufigste sind zyklische Beschwerden: Schmerzen während der Menstruation und vor der Menstruation. Ich habe viele Patienten erlebt, die Blutungsstörungen entwickelt haben, also wo die Blutungen unterschiedlich geworden sind. Klassisch fällt es mit starken Schmerzen auf. Normalerweise sollte ich bei der Regelblutung keine übermäßigen Schmerzen haben. Dass es einmal zwickt und ein bisschen zieht, darf sein, weil die Gebärmutter sich während der Periode kontrahiert. Es sollten aber keine Schmerzen sein, die mich vom Arbeiten oder der Schule aufhalten, oder wo ich einen übermäßigen Schmerzmittelkonsum brauche, also jeden Tag nur mit starken Schmerzmitteln überstehen kann. Das ist das erste Anzeichen dafür. Dann gibt es aber auch Frauen oder Menschen mit einer Gebärmutter, die während der Periode Blut im Stuhl oder Urin haben. Das ist eher selten, aber es können auch Formen von Endometriose sein. Oder Menschen, die beim Geschlechtsverkehr oder um die Periode herum Schmerzen haben, was sie sonst nicht kennen. Eigentlich alles, was mit Schmerzen und Nicht-Normalem, um die Regelblutung zu tun hat. Nun ist das der Klassiker, womit es auffällt, aber jegliche Schmerzen, auch unabhängig von der Regelblutung, können für eine Endometriose sprechen. Deswegen gehört es immer abgeklärt. Wenn sich irgendetwas ändert, schlimmer wird, über die Jahre schmerzhafter geworden ist, könnte eine Endometriose dahinterstecken. Die Endometriose ist leider das Chamäleon der Gynäkologie: Es kann überall versteckt sein.

I: Ich habe auch gerade gedacht, dass es das schwer macht, wenn es stärkere Regelschmerzen sind, weil man nicht sagen kann, wo es normal für einen selbst ist. Man kennt es wahrscheinlich nur so, und dann darf man sich vielleicht anhören, man stelle sich an. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch dadurch lange unentdeckt bleibt, oder?

B: Früher hat es im Schnitt 15 Jahre gedauert, bis eine Endometriose diagnostiziert worden ist, inzwischen sind wir im Durchschnitt bei sechs bis sieben Jahren, bevor die Diagnose steht und man weiß, was Sache ist. Das muss man sich überlegen. Generell kann ich hier nur sagen, dass Schmerzen bei der Menstruation nicht normal sind. Die gehören abgeklärt. Es können aber viele andere Ursachen dahinter legen, also Myom, Knoten, Zysten und Verwachsung. Bei der Endometriose ist es oft so, dass es am Anfang nur ein bisschen wehgetan hat und über die Jahre aufgrund von den Entzündungsprozessen und von Wachstum und Verklebung der Endometriose vermehrt zu Schmerzen kommt, die immer schlimmer werden. Deswegen sage ich immer: Wenn sich etwas langsam aufgebaut hat, kann oft so etwas dahinterstecken.

I: Wenn ich also regelmäßig zur Vorsorge gehe und bei Schmerzen mit meinem Arzt oder meiner Ärztin darüber rede, tue ich wahrscheinlich schon alles, was ich tun kann. Oder gibt es noch andere Faktoren, die das beeinflussen?

B: Absolut. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man regelmäßig einen Ultraschall bekommt oder eine Vorsorge macht. Es ist aber so, dass die Endometriose sich erst in den letzten Jahren als Krankheit etabliert hat. In den letzten zehn Jahren sind große Forschungen passiert. Du hast es selbst gesagt: In den Medien ist es erst seit ein paar Jahren präsent, und bei uns Ärzten kann es auch viel Nachholbedarf geben. So wie ich im Studium noch etwas Anderes gelernt habe, als das, was es heute ist, und ich bin nicht so alt. Das heißt, es ist wichtig, dass man sich nicht abspeisen lässt, wenn ich merke, dass mit meinem Körper etwas nicht passt. Viele bekommen um die Regel diesen Blähbauch, weil sie Endometriose oder Darmbeschwerden haben. Dies kann aber bei Patientinnen normal sein, die keine Endometriose haben, und die auf das Progesteron, das Gelbkörperhormon in der zweiten Zyklushälfte, so reagieren. Das heißt, diese Symptome, die ich habe, es könnten Anhaltspunkte dafür sein, müssen es aber nicht. Wenn man aber einen manifesten Verdacht hat, macht es Sinn, zum Beispiel in ein Endometriose-Zentrum zu gehen. Fast jede Universitätsklinik hat so etwas. Dann kann man zu seinem Frauenarzt gehen und sagen: "Ich habe das Gefühl, es stimmt etwas nicht mit mir. Könnte das vielleicht die Endometriose sein?" Dann kann er eine Untersuchung machen und dann dorthin überweisen. Ansonsten ist meine Empfehlung, wenn man den Verdacht hat, immer: Informiert euch über die Erkrankung. Da gibt es inzwischen sehr viele kostenlose Zugänge, aber auch sehr viele, sehr gute Bücher zu diesem Thema. Eins davon hatte ich im Vorgespräch schon kurz erwähnt, und zwar gibt es an der Charité in Berlin die Professorin Dr. Mechsner, und sie ist auf die Endometriose spezialisiert und hat viele Bücher zu dem Thema geschrieben. Sie erklärt, wie unterschätzt das ist und wie schwer dieser Diagnoseprozess. Mir hat meine Regel wehgetan, aber die Leute, die eine Endometriose haben, sind oft arbeitsbeeinträchtigt. Da kann es einen Darmbefall geben. Es gibt mehrere Arten von Endometriose, auch von den Auswirkungen her, und dazu gehört eine gute Diagnostik und jemand, der das jeden Tag gesehen hat, um die Diagnose gut stellen zu können.

I: Das klingt einleuchtend. Gibt es Dinge, die ich präventiv in meinem Lebensstil machen kann, Sport, Ernährung, oder hat das keinen Einfluss auf Endometriose?

B: Doch, es gibt viele Betroffene, die sehr gute Erfahrungen damit gemacht haben, sich entzündungshemmend zu ernähren. Das bedeutet nicht, vegan zu werden, weil Sojaprodukte zum Beispiel auch Entzündungen hervorrufen können, sondern dass man bewusst zum Beispiel auf Gluten verzichtet, wenig raucht, keinen Alkohol trinkt, also auf alles, was für unseren Körper schädlich ist. Auch, dass man regelmäßig Sport macht, ist entzündungshemmend. Man kann Omega-Drei-Fettsäuren nehmen, ab zwei Gramm wirken diese entzündungshemmend. Es gibt viele alternative Optionen, die man machen kann. Ich weiß, dass vielen auch Yoga oder Entspannungsübungen gut helfen, und auch grüner Tee ist entzündungshemmend. Wir gehen davon aus, dass diese kleinen Zellen bei der Endometriose Entzündungen hervorrufen. Wenn ich auf einer anderen Ebene dagegen arbeite, kann ich dies auf eine natürliche Art und Weise regulieren. Die Regel selbst kann ich nur hormonell unterbrechen, unter anderem mit einer Pille, und viele wollen das nicht, und das kann ich verstehen. Da gibt es viele Alternativen, die man tun kann, und das ist etwas, bei dem ich sage: Tut es vorbeugend. Ernährt euch gesund, bewegt euch. Schaut, dass ihr nicht so viel Koffein, Zigaretten und Alkohol konsumiert, also das, wovon wir wissen, dass es schädlich für uns ist.

I: Das klingt einleuchtend. Abgesehen von dem, was ich in meinem Alltag selbst für mich machen kann, gibt es bestimmt eine Behandlung, wenn es bei mir diagnostiziert werden würde. Was macht man da und was hat sich da vor allem in den letzten Jahren getan?

B: Früher hätte man schnell operiert, das war gang und gäbe. Da hat man gesagt: "Wir machen eine Endometriose-Sanierung." Ich finde, das klingt, als würde man ein Haus renovieren, und genauso war es in den Operationen. Man ist durch eine Bauchspiegelung in den Bauch hinein und hat alle Herde, die man gesehen hat, saniert, also weggeschnitten. Viele Patientinnen waren dann für eine Weile beschwerdefrei, manchmal kommt es aber zurück, weil man bestimmte Herde nicht sehen kann. Heute sind wir etwas konservativer, gerade wenn es um einen Kinderwunsch und Endometriose-Zysten geht. Das sind blutgefüllte Zysten, die die Frauen haben, und wenn die eine bestimmte Größe haben, hat man die früher entfernt. Heute sind wir aus kinderwunschmedizinischer Sicht dazu gekommen, diese Zysten oft drinnen zu lassen, damit wir die Eizellreserve nicht beschädigen, weil bei jeder Operation am Eierstock auch ein Teil von einem gesunden Gewebe entfernt wird. Das geht aber nur, wenn diese Zysten nicht sehr groß sind. Dann kann man das abwarten und schauen, ob man spontan schwanger wird oder ob man dem Kinderwunsch in einem Kinderwunschzentrum technisch durch eine künstliche Befruchtung nachhilft. Heutzutage wird nur noch operiert, wenn die Frauen sehr starke Beschwerden haben. Am Darm wird nur operiert, wenn es Damenbeschwerden gibt. Wenn man eine Blasenendometriose hat, kann es sein, dass ein Stück der Blase entfernt werden muss. Früher waren wir sehr großzügig mit den Operationen und heute schauen wir sehr oft, dass wir hormonell und mit Alternativen arbeiten. Für viele reicht es, wenn sie eine Pille oder eine andere hormonelle Unterstützung nehmen, die sie durchnehmen, sodass sie nicht mehr bluten. Es gibt aber Frauen, bei denen das drei bis zehn Jahre gut klappt, und dann entwickelt sich die Endometriose trotzdem weiter. Man muss wissen, dass es dort Veränderungen gibt, und all diese Neuerungen und Erfahrungen haben wir erst in den letzten Jahren gewonnen. Wir wussten vorher nicht, dass es die Erkrankung gibt, und wir lernen in allen neuen Forschungen, was es noch für tolle Therapiemöglichkeiten gäbe. Da hat sich gerade viel getan, und da tut sich wöchentlich etwas. Zum Thema Endometriose ist in fast jeder Fachzeitschrift eine neue Publikation mit neuen Entdeckungen.

I: Es ist spannend, dass sich da viel getan hat und dass man heutzutage anders darangeht.

B: Als ich junge Assistentin war, habe ich noch gelernt, dass alle Endometriosen operiert werden. Jetzt sind wir mit den Operationen zurückhaltend geworden, es sei denn, die Betroffenen haben starke Schmerzen.

I: Mit den starken Schmerzen sprichst du ein weiteres wichtiges Thema an: der Alltag dieser Frauen. Können sie ihren Alltag in der Regel normal bestreiten? Welche Auswirkungen hat das auf ihre Karriere und Freizeitaktivitäten? Kannst du ihnen etwas empfehlen, damit es leichter wird?

B: Das ist unterschiedlich. Es gibt Patientinnen, die darunter leiden, Schmerzen haben und nicht arbeiten gehen können. Das Spannende bei der Endometriose ist, dass das Ausmaß der Endometriose, also wie viel Endometriose ich im Bauch oder im Unterleib habe, nicht mit den Symptomen korreliert, die ich habe. Es kann sein, dass ich nur einen kleinen Herd und starke Symptome habe, oder andersherum. Das wissen wir, dazu gibt es schon große Studien. Das heißt, ich kann nicht davon ausgehen, dass ich eine starke Endometriose habe, nur weil ich starke Schmerzen habe. Es ist aber so, dass sehr viele Lebensstil-Modifikationen dazu führen können, dass man sein Leben wieder ein bisschen besser bestreiten kann. Die meisten berichten, dass sie während der Regelblutung oft nicht ohne Schmerzmittel zurechtkommen, und das belastend ist, oder dass sie für zwei Tage wie erschlagen mit einer Wärmflasche herumliegen. Das brauchen wir uns nicht schönreden, das ist einschränkend und belastend. Wenn ich mir überlege, ich müsste mich zwei Tage krankmelden oder die Praxis zu machen, weil ich nicht arbeiten kann, ist es nicht nur finanziell, sondern auch beruflich ein Supergau. Das ist keine Option, und das ist für viele sehr belastend. Ich glaube, was noch viel belastender ist, ist das wenige Verständnis, was die Betroffenen bekommen: "Stell dich nicht so an, das ist nur die Regelblutung. Das kann nicht so schlimm sein, bei mir ist das auch so." Diese Erwartung, dass das bei jedem gleich ist, stimmt nicht. Dein Schmerzempfinden ist anders als mein Schmerzempfinden und von einer dritten Person ist es wieder anders. Je häufiger ich Schmerz empfunden habe, umso schlimmer wird es. Wir haben ein Schmerzgedächtnis. Das heißt, es wird nicht besser, und deswegen ist es wichtig, dass man sich Auszeiten gönnt, verständnisvoll mit sich umgeht. Schaut, was mir guttut, und das weiß ich oft, und in diesen Phasen, wo ein Schub oder die Regelblutung kommt, besonders liebevoll mit sich ist. Wenn ich einen regelmäßigen Zyklus habe, kann ich schauen, dass ich dort nicht die wichtigsten Geschäftstermine hinlege. Vielleicht ist dort eine hormonelle Unterstützung sinnvoll, damit ich keine Regelblutung bekomme und dadurch eine Entlastung habe. Das ist für die Betroffenen sehr leidvoll, und es gibt einige, die sogar einen Behindertenausweis kriegen, weil sie aufgrund von dieser Erkrankung solche Einschränkungen haben.

I: Das kann ich mir gut vorstellen. Wie sieht das psychisch aus? Weißt du, ob da eine Korrelation ist, dass Leute, die diese Einschränkung haben, zum Beispiel öfter eine psychosoziale Unterstützung in Anspruch nehmen, weil sie Probleme damit haben?

B: Mir sind keine Studien bekannt, ich bin keine Studienkönigin. Viele kenne ich, aber von den Studien weiß ich nur, dass es sie zum Beispiel zur Partnerschaft gibt, dass diese Betroffenen zum Beispiel seltener erfüllte Sexualität leben, weil das oft mit Schmerz verbunden ist, und dass das sehr belastend empfunden werden kann. Ob die mehr Unterstützung in Anspruch nehmen, kann ich dir nicht sagen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es psychisch eine sehr große Belastung ist, wenn du in regelmäßigen Abständen starke Schmerzen hast und von deiner Umgebung nicht ernst genommen wirst. Das ist ein Punkt. Überleg einmal: 15 Jahre hat es früher bis zur Diagnosestellung gedauert.

I: Das ist Wahnsinn. Sechs Jahre finde ich immer noch wahnsinnig lange.

B: Was mussten diese Menschen ertragen, bis sie von uns ernst genommen worden sind? Da nehme ich mich nicht heraus, weil ich nur das wissen kann, was ich gelernt habe oder wo ich selbst hineingegangen bin, und wir wussten früher noch nicht so viel. Ich glaube, dass viele Betroffene einen großen Leidensdruck haben, und das sieht man auch. Es gibt sehr viele Selbsthilfegruppen zur Endometriose, und ich glaube, dass das gut ist, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und zu schauen, wie sie das bewerkstelligen. Wir haben auch sehr viele Prominente, die inzwischen zugeben, dass sie Endometriose haben, und öffentlich darüber reden. Ich glaube, in Deutschland ist Anna Wilken eine der bekanntesten, die es immer wieder thematisiert und auch Bücher zu dem Thema geschrieben hat. Die nehmen einen ein bisschen mit, und man hat das Gefühl, ich bin nicht allein damit, und da gibt es noch jemanden, dem es auch so geht. Ich glaube, dass das etwas ist, was man gut annehmen kann. Wir haben jetzt medizinische Apps, das ist aber hier in Österreich, wo ich tätig bin, nicht so weit verbreitet, oder die haben wir gar nicht. Da gibt es viele Unterstützungsmöglichkeiten, speziell für Endometriose-Betroffene entwickelt. Ich glaube, dass das eine gute Unterstützung in diesem Fall ist, weil man merkt, wie groß dieses Thema geworden ist, und wie viele davon betroffen sind.

I: Das kann ich mir gut vorstellen. Es ist schön, wenn es da mehr Unterstützungsmöglichkeiten gibt. Wie ist das mit meinem Umfeld? Dass ich Unterstützung bekomme, ist das eine. Was kann man tun, damit der Partner oder Familienmitglieder mehr darüber wissen, wie sie mich unterstützen können?

B: Ich glaube, dass diese eine Folge heute schon dazu beitragen kann, weil man einmal hört, wie häufig das ist und wie viel die Leute darunter leiden. Wir haben schon viele Medienprodukte, also Bücher, Podcasts und Videos, zu dem Thema im Netz, wo ich mich informieren kann. Ich glaube, es ist wichtig, da wertfrei heranzugehen, also zu sagen: "Die Person oder meine Partnerin oder mein Partner haben die Symptome, und ich weiß, um die Regelblutung herum geht es der Person nicht gut." Mit diesem Problem wahrgenommen zu werden ist, glaube ich, das Wichtigste, und dass man sich darüber informiert, aber das macht man am besten gemeinsam. Am besten fragt man die oder den Betroffenen: "Wie kann ich dir helfen?" Es gibt sehr tolle Broschüren. Es gibt die Endometriose-Vereinigung von Deutschland, die tolle Aufklärungsbroschüren haben, sowohl für Betroffene als auch für Angehörige, wie man unterstützen kann. Ich glaube, das ist wichtig. Ich glaube auch, dass viele Mütter überfordert sind, wenn die Jugendlichen so starke Schmerzen haben und sie es selbst nicht kennen und das oft auch nicht verstehen. Da ist es gut, wenn man sich informiert.

I: Das klingt sehr einleuchtend, dass wir nachfragen, weil es individuell ist. Verständnis zeigen, nachfragen und akzeptieren, dass die Person am besten weiß, was sie in dem Moment braucht.

B: Was für die eine gut ist, ist für die anderen nicht gut. Wenn ich zum Beispiel eine Entlastung habe, wenn ich in die Badewanne gehe und dadurch eine Schmerzlinderung habe, kann die andere sagen: "Hitze geht für mich nicht", oder, "Bewegung ist nichts, mir hilft es am besten, wenn ich nur herumliege und Netflix schaue." Da kann es gut sein, wenn eine andere sagt: "Das ist das Komfortessen der Person, ich besorge das und diskutiere nicht, warum wir heute Abend nicht mit denen essen gehen." Ich kenne meinen Partner oder meine Partnerin, und was die brauchen, und kann die auf eine banale, einfache Art und Weise wie Dasein unterstützen.

I: Das finde ich schön. Ich glaube, es ist die halbe Miete, dass man Verständnis hat und es nicht als Regelschmerzen abtut.

B: Absolut. Die Endometriose ist eine Erkrankung, die immer fortschreiten kann. Wir wissen noch nicht, ob sie heilbar ist, das ist wichtig. Wir wissen, dass sie oft im Wechsel besser wird, also wenn die Frauen diese hormonellen Schwankungen um den Zyklus nicht mehr haben. Deswegen sind wir früher davon ausgegangen, dass es gegessen ist, wenn man schwanger ist oder in den Wechsel kommt. Wir wissen aber, dass das nicht so sein muss, und dass allen klar ist, dass es eine chronische Erkrankung ist und nicht etwas, was für immer verschwinden oder ausgeräuchert werden kann. Es kann gut sein, dass man damit zehn Jahre super lebt und dass es dann noch einmal aufflackert. Das ist etwas, was man sich in das Gehirn bewusst rufen kann: Auch wenn ich zehn Jahre Ruhe hatte, kann das wieder auftreten. Das soll keine Angst machen, nur das Bewusstsein schärfen, dass man gut darauf achtet, wenn sich wieder etwas verändert, und sagt: "Da war einmal etwas." Die Betroffenen vergessen das nicht, aber die Umgebung.

I: Es ist auch für einen selbst gut zu wissen, worauf man sich einstellen kann, und dass es vielleicht wiederkommt. Wenn man das im Hinterkopf weiß, ist es weniger überraschend und schockierend, da man das schon einmal gehört hat. Hast du abschließend noch Ratschläge oder Empfehlungen, die du gerne für Menschen mit Endometriose weitergibst, die noch nicht dabei waren?

B: Lasst euch nicht abspeisen. Wenn ihr Schmerzen spürt, habt ihr Schmerzen. Selbst, wenn ihr von uns Ärzten oder von der Umgebung manchmal nicht ernst genommen werdet, ist wichtig, dass man Schmerz nachgeht. Es ist nicht normal, Schmerzen zu haben. Es muss nicht immer eine Endometriose dahinterstecken, aber es kann. Deswegen geht bitte zum Gynäkologen oder zur Gynäkologin eures Vertrauens, lasst euch durchchecken und vertraut auf euer Körpergefühl, weil ihr euren Körper seit jeher kennt. Wenn ihr das Gefühl habt, irgendetwas stimmt dort nicht, geht dem nach. Es gibt einen Haufen toller Angebote, die kostenlos sind, wo ihr euch informieren könnt. Die Endometriose-Vereinigungen oder die Bücher von der Kollegin sind sehr gute Anlaufstellen. Traut euch, für euch selbst einzustehen.

I: Das war die Folge mit Doktor Miriam Mottl. Wir hoffen, dass sie dir gefallen hat und du sie fleißig weiterempfiehlst. Außerdem sind wir immer erfreut über ein Abonnement auf einem Player deiner Wahl. Wenn du uns Feedback geben möchtest, kannst du gerne eine Bewertung schreiben. Ansonsten heißt es dann in einem Monat wieder: Zeit für von achtsam bis zuckerfrei, deinem Gesundheitspodcast der Audi BKK.

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