Frauengesundheit – Zyklus, Verhütung, Hormone

Ilka Brühl: Herzlich willkommen zu: „Von Achtsam bis Zuckerfrei“, dem Gesundheitspodcast der Audi BKK. In diesem widmen wir uns einer Vielzahl an Themen, die Körper und Geist betreffen. Frauengesundheit, das ist ein Begriff, den hat doch schon irgendwie jede und jeder gehört und viele können dennoch nicht so richtig etwas damit anfangen. Im Grunde geht es um alle Aspekte, die menstruierende Personen betreffen, also Fragen, die man seiner Frauenärztin oder seinem Frauenarzt stellen würde. Und genau das tun wir in dieser Folge. Wir haben Frau Dr. Miriam Holland eingeladen, mit uns über Themen wie Verhütung, Hormone, den eigenen Körper, den Zyklus, aber auch die Vorbeugung von Krankheiten zu reden. Eine Superfolge für alle, die wissen wollen, was sie zum Beispiel vor ihrem ersten Frauenarztbesuch erwartet oder auch andere Interessierte, die sich mit dem Thema noch nicht so viel auseinandergesetzt haben. Viel Spaß. Herzlich Willkommen, Frau Dr. Miriam Holland, ich bin total gespannt, denn ich habe gelesen, dass die Pille die häufigste Verhütungsmethode in Deutschland ist. Wieviel Prozent Ihrer Patientinnen nutzen die denn ungefähr?

Frau Dr. Holland: Hallo, guten Morgen Frau Brühl. Ich finde es immer ganz schwierig, das in Prozentzahlen auszudrücken, ich glaube, dass es vielleicht ungefähr 60 Prozent meiner Patientinnen sind. Ich habe es auch tatsächlich mal nachgelesen. Man sieht einen deutlichen Rückgang bei der Pilleneinnahme in den letzten zehn Jahren, und das wäre auch das, was meine Kolleginnen und Kollegen bemerken. Vor allem bei jungen Frauen zwischen 15 und 30 ist die Pille noch das häufigste, aber es ist rückläufig.

Ilka Brühl: Was sind denn die Vorteile der Pille, warum sie so häufig verschrieben wird oder wurde?

Frau Dr. Holland: Ich glaube, ein Vorteil liegt darin, dass jeder sie kennt. Es ist ein vertrautes Verhütungsmittel, kennt man von den Mamas schon, hört man in den Medien viel. Weiterhin ist es so, es gibt einige Beschwerdebilder, die durch Hormone ausgelöst werden oder auch Erkrankungen, die man tatsächlich nur durch die Pille verbessern oder auch stoppen kann. Und ich glaube, das ist der Hintergrund, warum die Pille noch so große Beliebtheit hat. 

Ilka Brühl: Das kann ich mir vorstellen. Ich habe da schon einen Verdacht, aber was sind so die typischen Beschwerdebilder, die Sie meinen? 

Frau Dr. Holland: Es gibt ganz einfache und normale Beschwerdebilder, das heißt, es gibt Frauen, die haben Schmerzen, also Bauchschmerzen, unter der Periode. Einige leiden wirklich unter dem prämenstruellen Syndrom, das ist ein bisschen ausgeprägter, das kann schon eine Woche vor der Periode beginnen mit Bauchschmerzen, sehr starken Stimmungsschwankungen, teilweise Heißhunger. Das sind so die Klassiker. Es gibt Frauen, die sehr stark bluten, tatsächlich auch manchmal so viel, dass sie Probleme haben mit ihren Eisenwerten. Und es gibt auch Krankheitsbilder, es gibt das PCO-Syndrom, Polycystisches Ovarialsyndrom, es gibt die Endometriose, die letztendlich durch die Hormone in der Pille deutlich verbessert werden. Also die Krankheitsbilder oder das Fortschreiten der Krankheitsbilder. 

Ilka Brühl: Wie funktioniert die Pille eigentlich genau? Jeder kennt den Namen, aber wahrscheinlich wissen die wenigsten Leute, was sie genau eigentlich da in ihrem Körper macht. 

Frau Dr. Holland: Also erstmal glaube ich, wenn so im Sprachgebrauch von der Pille geredet wird, dann wird normalerweise von der Kombinationspille gesprochen. Das heißt, einer Pille, die ein Östrogen und ein Gestagen enthält. Es gibt nämlich inzwischen deutlich mehr Pillenarten, aber ich denke, das ist das Klassische, wovon gesprochen wird. Ganz einfach ausgedrückt, die Pille unterdrückt Hormone auf Hirnebene, dadurch werden die Eierstöcke letztendlich nicht aktiviert und es kommt nicht zum Eisprung. Das ist die Grundfunktion der Pille. Es kommt noch zu Schleimhautveränderungen, sprich, die Schleimhaut in der Gebärmutter wird nicht so aufgebaut, auch die ganzen Zugänge zur Gebärmutter werden durch so einen zähflüssigeren Schleim verschlossen und es können auch Spermien zum Beispiel nicht so einfach in die Gebärmutter eindringen. Das ist, ganz einfach mal erklärt, die Funktionsweise der Pille. 

Ilka Brühl: Und wie kommen diese häufig erwünschten positiven Nebenwirkungen, wie sich zum Beispiel die Haut verbessert, zustande? In meiner Jungend war das auf jeden Fall so, dass alle die Pille haben wollten, weil die Haut besser wurde. Weil man eine größere Oberweite bekommt, hieß es immer. Deswegen war das das Nonplusultra, endlich die Pille zu bekommen. 

Frau Dr. Holland: Für die unreine Haut ist das Testosteron verantwortlich, das ist ein Androgen, und es gibt Gestagene in der Pille, die sind anti, also gegen Androgene. Und die helfen dann tatsächlich, dass das Hautbild besser wird, indem sie den Testosteronspiegel senken. Und das ist immer noch etwas sehr Erwünschtes, gerade bei jüngeren Frauen. 

Ilka Brühl: Und welche negativen Nebenwirkungen kann die Pille denn haben? 

Frau Dr. Holland: Die Pille unterdrückt unseren eigenen Zyklus, unterdrückt unsere eigene Hormonproduktion. Dadurch hat man jetzt nicht gar kein Hormon mehr, aber deutlich weniger Östrogen zum Beispiel. Es gibt Frauen, die auf dieses Weniger an Östrogen tatsächlich mit Libidoverlust reagieren, das heißt, auch darauf mit Stimmungsschwankungen reagieren. Und es ist letztenendes so, das große Negative der Pille ist natürlich ein erhöhtes Thromboserisiko. Da ist es ganz wichtig auf unserer Seite, dass wir eine gute Anamnese, also eine gute Patientengeschichte erheben. Dass wir einfach schauen, gibt es Risikofaktoren, wie starkes Übergewicht, Rauchen, gibt es in der Familie irgendwelche Auffälligkeiten, dass Schlaganfälle, Herzinfarkte bei Familienmitgliedern schon frühzeitig stattgefunden haben, auch zum Beispiel eine Migräne mit Aura? Das alles wären Kontraindikationen, also würden gegen die Pille sprechen. Das wäre aber unsere Aufgabe, das zu erfragen und mit den Patientinnen herauszufinden, ob da eventuell Risikofaktoren da sind. 

Ilka Brühl: Wenn man nun so eine Kontraindikation gegen die Pille hat, spricht das dann automatisch gegen jede Art von Pille? Oder kann es auch vielleicht schon helfen, eine andere Unterart zu nehmen? Es gibt ja schließlich ganz verschiedene Anbieter. 

Frau Dr. Holland: Genau, das war das, was ich am Anfang erwähnt habe, die draußen besprochene Pille ist normalerweise eine Kombinationspille mit einem Östrogen. Die meisten Faktoren, die zum Beispiel bezüglich einer Thrombose gegen eine Pille sprechen, hängen mit dem Östrogen zusammen. Man kann also zum Beispiel eine östrogenfreie Pille wählen oder dann eben auf eine andere Verhütungsmethode übergehen. Aber gerade die jungen Frauen wollen häufig doch gerne mit einer Pille beginnen und daher würde man auf eine östrogenfreie Pille umsteigen. 

Ilka Brühl: Ich habe schon öfter gehört, dass sowohl Kopfschmerzen, aber auch Magen- und Darmbeschwerden, Rückenschmerzen, mit dem Zyklus zusammenhängen können. Können Sie mir das erklären? 

Frau Dr. Holland: In unserem Zyklus ändern sich die Hormone, man sagt, der erste Tag der Periode ist der erste Zyklustag, man hat also eine erste Zyklushälfte, den Eisprung, und eine zweite Zyklushälfte. Und die Hormone in der ersten Zyklushälfte sind von der Höhe her anders als in der zweiten. Man hat zum Beispiel in der ersten Hälfte einen starken Östrogenanstieg, in der zweiten Zyklushälfte dominiert dann sehr das Progesteron. Und beide Hormone fallen kurz vor der Periode ab. Und damit hängen auch die Beschwerden zusammen. Ein hohes Progesteron führt zu einer Muskelentspannung, das heißt, Frauen haben kurz vor der Periode oder in der zweiten Zyklushälfte eher mal einen Blähbauch, haben eher Verstopfungen, weil der Darm nicht so funktioniert. Und dann, durch den Abfall der Hormone kurz vor der Periode, kann es wieder dazu kommen, dass sich die Muskulatur verkrampft. Was den Darm angeht, kommt es dann eher zu Durchfall. Es sind die klassischen Periodenschmerzen, die durch eine Muskelverkrampfung entstehen, Rückenschmerzen können dadurch auch entstehen. Und bei Kopfschmerzen ist es tatsächlich auch so, die Schmerzempfindlichkeit nimmt zu durch diesen Hormonabfall, und auch die ganzen Gefäßverengungen führen dann eher mal zu Kopfschmerzen oder auch bei Frauen, die unter Migräne leiden, tendenziell mal eher zu Migräneanfällen. 

Ilka Brühl: Und was kann ich machen, wenn ich starke Regelschmerzen habe?

Frau Dr. Holland: Da helfen, je nach Frau, unterschiedliche Sachen. Grundsätzlich ist es so, Wärme verhilft den meisten zu einer Muskelentspannung. Da das Ganze auch muskulär bedingt ist, kann man auch, wie bei Wadenkrämpfen, mit Magnesium dagegen arbeiten. Wenn man so die ersten Anzeichen merkt, fängt man an, Magnesium ein bisschen höher dosiert einzunehmen. Man sagt, zwischen 400 und 800 Milligramm. Wenn man ganz starke Periodenschmerzen hat, kann es natürlich auch mal sein, dass man zu Schmerzmitteln greifen muss oder sollte. Da gibt es auch einen Tipp, dass man das frühzeitig macht, bevor sich so ein Schmerzberg aufgebaut hat und nicht erst, wenn man auf der Spitze dieses Schmerzberges steht. Und es gibt tatsächlich Frauen, die so schlimme Periodenschmerzen haben, dass sie wirklich, krankgeschrieben, drei Tage zu Hause liegen. 

Ilka Brühl: Es gibt ja auch Alternativen zur Pille, die auch teilweise gar nicht so selten benutzt werden. Was gibt es denn da so? Was ist da üblich?

Frau Dr. Holland: Wie schon gesagt, es gibt die klassische Pille mit dem Östrogen und dem Gestagen, es gibt die östrogenfreie Pille. Dann, einen Schritt weiter, gibt es bei jungen Frauen Vaginalringe, die haben die gleiche hormonelle Zusammensetzung wie eine Pille. Die werden in die Scheide eingelegt und geben ständig ein bisschen Hormon ab. Die haben das gleiche Nebenwirkungsprofil, was eine Thrombose angeht, werden aber manchmal besser vertragen von Frauen, die zum Beispiel Kopfsachmerzen unter der Pille haben, weil einfach das Hormon kontinuierlich abgegeben wird und nicht so schwankt in der Einnahme. Wenn man einen Schritt weitergeht, gibt es die Spiralen, das ist etwas, wenn Frauen nicht täglich etwas einnehmen möchten, wenn sie einfach von der Hormonmenge runter- oder wegkommen wollen. Da hat man die hormonellen Spiralen, man hat die Kupferspiralen, und es gibt immer noch diese Stäbchen, die auch ein reines Gestagen ausschütten. Die nehmen allerdings in der Anwendung ein bisschen ab. 

Ilka Brühl: In den letzten Jahren wurde ja die hormonfreie Verhütung zum Beispiel mit der Kupferspirale oder dem Kondom als gesünder propagiert. Würden Sie sagen, dass es Vorteile für uns hat, wenn wir ohne Hormone verhüten?

Frau Dr. Holland: Es ist schwer zu sagen. Es gibt Paare oder junge Frauen, die sagen, sie kommen seht gut mit der Verhütung mit Kondom aus. Man hat da einmal natürlich noch den Zusatzfaktor, dass man sich auch vor Infektionskrankheiten schützt. Das finde ich immer ganz, ganz wichtig, dazuzusagen. Eine Pille schützt vor einer Schwangerschaft, aber eben nicht vor HIV, Hepatitis und anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen. Das ist zum Beispiel etwas, was ich bei meinen jungen Frauen immer auch erwähne, dass das ein wichtiger Faktor ist. Grundsätzlich gibt es natürlich auch natürliche Verhütungsmethoden, dass man sagt, über Temperatur messen, Hormon messen im Urin, dass man einfach schaut, wann sind die fruchtbaren Tage, wann nicht. Man kann nicht pauschal sagen, dass das eine immer besser ist, als das andere. Es gibt Frauen, für die ist das Hormonfreie besser. Da passt letztendlich die Lebenssituation, wenn etwas passieren sollte, dass man schwanger wird, wäre es kein Drama. Oder man ist so gewissenhaft, dass man gut verhüten kann. Es gibt aber eben auch Frauen, die sagen, sie schaffen es tatsächlich nicht, da immer verantwortungsbewusst mit einem Kondom zu verhüten. Dann ist es gerade bei jungen Frauen so, dass ich schon sagen würde, dann ist es auch wichtig, dass eine Verhütung da ist. Dass eben keine ungewollte Schwangerschaft entsteht. Und es gibt eben auch Frauen, die ein Beschwerdebild oder auch Erkrankungen haben, wo man wirklich sagen würde, da ist die Pille das Gesündere für diese Frauen. 

Ilka Brühl: Sie sprachen gerade schon andere Geschlechtskrankheiten an, die beispielsweise nur über ein Kondom verhindert werden können. Haben Sie da eine Empfehlung für junge Frauen, aber auch welche die einfach ihren Sexualpartner vielleicht gerade wechseln? Wie sollte man mit dem Thema umgehen, was sollte man ansprechen und untersuchen lassen? 

Frau Dr. Holland: Ich finde es sehr wichtig und erwähne das auch schon bei meinen ganz jungen Mädchen, die zur ersten Pillenverschreibung kommen, dass ich sage, die Pille schützt vor einer Schwangerschaft, sie ist ein gutes Verhütungsmittel, aber es gibt eben auch noch andere Dinge draußen, die man sich über Geschlechtsverkehr holen kann. Dazu zählen HIV und Hepatitis, die leider eben nicht rückläufig sind, sondern, wo einfach nur das Gespräch darüber nicht mehr so stattfindet. Ich empfehle meinen jungen Frauen dann in der Regel, einmal zum Hausarzt zu gehen oder bei uns einmal zusammen mit dem Partner wirklich Blut abnehmen lassen, sich auf HIV und Hepatitis testen lassen. Bevor das nicht geklärt ist, würde ich mit jedem neuen Partner tatsächlich mit Kondom verhüten. Sobald man sagt, man hat sich HIV und Hepatitis getestet, wenn es dann jemand ist, der sagt, er hat schon viele Partner gehabt, dann könnte man tatsächlich auch mal so einen STD-Abstrich machen, Sexual Transmitted Deseases, um anderweitige bakterielle, virale Erkrankungen, die über Geschlechtsverkehr übertragen werden, auszuschließen. Dann könnte man das alles mal testen lassen. Damit man eben auch da auf der sicheren Seite ist. 

Ilka Brühl: Wie sieht das denn bezüglich der Sicherheit aus? Gibt es da ein paar Verhütungsmethoden, die auf jeden Fall als sicherer gelten und zu bevorzugen sind?

Frau Dr. Holland: Es ist weiterhin so, dass tatsächlich die hormonellen Verhütungsmethoden die sichersten sind, gefolgt von der Kupferspirale. Alles nicht hormonelle, wie das Kondom und die natürlichen Verhütungsmethoden können sehr gut sein, wenn sie sehr gut angewandt werden, aber da hat man natürlich einen sehr große Anwendungsspielraum. Grundsätzlich sagt man, gut eingenommen oder auch eine hormonelle Spirale hat die höchste Sicherheit, die wir bekommen können. Eine gut eingenommene Pille hat eine sehr hohe Sicherheit, gefolgt dann auch von den Kupferspiralen. Alles andere ist viel anwenderinnenabhängiger und hat aber im Schnitt auch eine ein bisschen niedrigere Sicherheit, was die Verhütung angeht. 

Ilka Brühl: Und wenn ich jetzt meine Verhütungsmethode wechsle, insbesondere, wenn ich von hormoneller auf hormonfreie oder andersherum wechsle, muss ich mich dann auf Veränderungen an meinem Körper einstellen?

Frau Dr. Holland: Grundsätzlich ist es immer so, wenn man etwas an den Hormonen verändert, dann kann das sein, dass man die Veränderung auch spürt. Es gibt Frauen, die merken es gar nicht. Wenn man zum Beispiel, was wir sehr klassisch sehen, von der Pille entweder auf hormonfrei oder auf eine Spirale wechselt, dann spüren viele Frauen ihren Zyklus wieder. Viele Mädchen fangen ja sehr, sehr jung an, eine Verhütungsmethode, gerade die Pille, zu nutzen und wechseln irgendwann weg. Und dann kommen sie häufig mit Dingen, wie plötzliche Bauchschmerzen in der Mitte ihres Zyklus. Oder der Bauch zieht zur Periode hin, die Periode wird stärker, man hat auch wieder Kopfschmerzen, Rückenschmerzen. Oder die Brust reagiert auch, sie spannt in der zweiten Zyklushälfte. Das wird dann zum Beispiel nicht durch die Spirale ausgelöst, sondern dadurch, dass die Unterdrückung durch die Pille weg ist. Man spürt seinen eigenen Zyklus wieder. Das ist etwas ganz Klassisches, was wir im Alltag sehen.

Ilka Brühl: Seit einigen Jahren ist es bei mir im Umfeld so, oder auch, wenn ich in den Medien mich umschaue, dass mir der Begriff Endometriose immer häufiger begegnet. Was ist das denn genau?

Frau Dr. Holland: Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der es Zellen, die normalerweise nur in der Gebärmutter vorkommen, also Gebärmutterschleimhautzellen, auch außerhalb der Gebärmutter gibt. Die können in den Eileitern sitzen, in den Eierstöcken, im Bauchraum, in der Blasenwand, in der Darmwand. Es gibt also multiple Orte, wo die vorkommen können. Eine der Theorien ist, dass durch einen Rückfluss der Periode Schleimhautzellen nicht nur nach außen laufen, sondern auch in den Bauchraum. Das ist der Hintergrund, was eine Endometriose ist. Das Beschwerdebild ist sehr vielfältig und für uns ist es schön, dass es ein bisschen mehr in den Fokus gerät, dass sowohl Frauenärzte als auch Frauen ein bisschen mehr darauf achten, bei bestimmten Beschwerden auch mal nachschauen zu lassen, ob es vielleicht eine Endometriose sein könnte. 

Ilka Brühl: Haben Sie das Gefühl, dass Endometriose häufiger vorkommt oder dass nur mehr darüber gesprochen wird? 

Frau Dr. Holland: Ich glaube, sie wird, zum Glück, nur mehr in den Fokus gerückt. Man hat immer noch eine sehr, sehr lange Erkennungsdauer einer Endometriose im fachlichen Bereich. Die liegt teilweise bei sieben bis zehn Jahren. Frauen haben also schon sehr lange Beschwerden, bis dann tatsächlich erst die Diagnose Endometriose gestellt wird. Daher ist es für uns fachlich schön, dass man sagt, es wird ein bisschen bekannter. Das Schwierige an der Endometriose ist, dass sie ein sehr breites Symptombild hat. Viele der Symptome sind auch normale Symptome während der Periode zum Beispiel. Es gibt Frauen, die einige Tage vor der Periode starke Bauchschmerzen haben, es gibt Frauen, die Schmerzen beim Geschlechtsverkehr haben, es kann mal Blut im Urin sein oder im Stuhl. Das können Anzeichen für eine Endometriose zum Beispiel sein. Frauen, die über einen längeren Zeitraum ungewollt nicht schwanger werden, bei denen kann auch mal eine Endometriose im Hintergrund stehen. Oder auch einfach chronische Unterbauchschmerzen, wo man sagt, man weiß nicht so genau, wo die herkommen, können mit einer Endometriose zusammenhängen. Man sagt 60 bis 70 Prozent haben tatsächlich Beschwerden mit einer Endometriose und es gibt einen kleineren Prozentsatz, der gar keine Beschwerden hat. Das heißt, die fallen wirklich häufig nicht auf. 

Ilka Brühl: Die würde ich doch im besten Fall dann über eine Vorsorgeuntersuchung erkennen. Was gibt es da so für Vorsorgeuntersuchungen? Wie oft sollte ich überhaupt zur Frauenärztin oder zum Frauenarzt gehen? 

Frau Dr. Holland: Bei der Endometriose würde man versuchen, das über eine gute Anamnese herauszufinden. Wann, wo, wie treten die Schmerzen auf? Man würde einen Ultraschall machen, da könnte man eingeblutete Zysten sehen. Ganz sicher kann man eine Endometriose nur über eine Bauchspiegelung bestätigen. Und daher steht auch oft nur die Verdachtsdiagnose Endometriose. Das wollte ich nur dazusagen, nicht dass eine Frau frustriert von ihrem Frauenarzt nach Hause kommt und sagt, der hat sie untersucht und konnte ihr gar nicht sagen, ob sie Endometriose hat. Das ist leider wirklich so, sicher kann das nur über eine Bauchspiegelung bestätigt werden. Grundsätzlich ist die Empfehlung, bei einer erwachsenen Frau ist einmal im Jahr die Vorsorge angezeigt, es wird einmal im Jahr ein Abstrich am Gebärmutterhals gemacht, man macht einen Ultraschall und schaut die Brust an. Unter hormoneller Einnahme, sowohl unter Verhütungsmitteln als auch unter Hormonen in den Wechseljahren, würde man eine halbjährliche Vorsorge empfehlen. Im Alter von 50 gibt es dann auch noch das Mammografie-Screening, das ist eine Brustkrebsvorsorge, und auch diese Stuhltests zur Darmkrebs-Früherkennung. Das ist einmal grob angerissen das, wie man zur Vorsorge gehen sollte als Frau.

Ilka Brühl: Vielen Dank dafür. Wenn ich noch ganz jung bin und nie beim Frauenarzt oder Frauenärztin war, wann sollte ich denn das erste Mal hingehen? 

Frau Dr. Holland: Das ist heute nicht mehr ganz so klar. Ich weiß jetzt nicht, wie es bei Ihnen war, bei mir hieß es früher mit 13, 14, so gehen wir mal zum Frauenarzt. Das ist heute tatsächlich nicht mehr so. Normalerweise empfiehlt man heute, ab Geschlechtsverkehr. Das kann natürlich mit 14 so sein, das kann auch erst mit 25 so sein, aber ab Geschlechtsverkehr sagt man, sollte man in die regelmäßigen Vorsorgen gehen. Einige der jungen Mädchen kommen zum Beispiel für diese HPV-Impfung das erste Mal zu uns, dass man wirklich nur ein Gespräch führt. Viele junge Mädchen kommen das erste Mal, weil sie Fragen zur Verhütung haben oder sie brauchen eine Pille. In diesem Termin wird in der Regel nicht untersucht. Man kann einen Ultraschall vom Bauch aus machen, aber die klassische Vorsorge mit dem Abstrich, mit dem Vaginal-Ultraschall wird dann noch nicht gemacht, die wird wirklich erst ab Geschlechtsverkehr empfohlen. Und auch da, sage ich meinen Patientinnen immer, ganz wichtig, sie dürfen auch jedes Mal nur zum Gespräch zur Frauenärztin kommen, wenn sie nur Fragen haben oder trauen sich noch nicht. Da, finde ich, ist es immer ganz wichtig, dass man da die Angst nimmt, dass ein Vertrauensverhältnis da ist. Nur so können wir helfen, nur so bekommen wir die ganzen Informationen, die wir für uns brauchen, um wirklich auch das Beste empfehlen zu können. 

Ilka Brühl: Auf jeden Fall, da hilft es auch wirklich, sich immer wieder bewusst zu machen, dass es für Sie tägliche Themen sind, vor denen man nicht zurückschrecken muss, und vielleicht auch so lange nach einem Arzt oder einer Ärztin zu suchen, bei der man sich wirklich wohlfühlt. Ich kenne es aus eigener Erfahrung, was das ausmacht, wenn man ein wirkliches Vertrauensverhältnis zu der Person aufbauen kann. 

Frau Dr. Holland: Das finde ich ganz wichtig. Das ist im Ganzen, auch bei der Verhütung, eine der wichtigsten Sachen, dass man sagt, wir müssen alles hören, es gibt nichts, was blöd und peinlich ist. Ich sage meinen Patientinnen dann immer, das habe ich heute schon fünf Mal gehört. Also nicht, um das Problem kleiner zu machen, sondern, um zu verdeutlichen, es ist ein Standardproblem. Es ist nichts, was außen besprochen wird. Es gibt eben doch viele intime Sachen in unserem Fach, das trauen die Frauen sich nicht, das in erster Instanz zu erwähnen, aber die sind häufig sehr, sehr wichtig, um zu wissen, wo müssen wir denn ansetzen. Sind Hormone das Bessere? Welche Hormone wären das Beste? Ist hormonfrei das Bessere? Das ist immer ganz, ganz wichtig für uns. Und grundsätzlich ist es auch wichtig, dass die Frau einfach gehört wird, dass sie rausgeht und das Gefühl hat, sie ist ihre Sorgen einfach losgeworden und hat eine gute Antwort darauf bekommen. 

Ilka Brühl: Sie erwähnten ja gerade schon die HPV-Impfung. Was ist das denn genau?

Frau Dr. Holland: Letztenendes ist es eine Impfung, mit der man gegen bestimmte Viren impfen kann, die sogenannten Humanen Papillomviren. Das sind Viren, die teilweise wirklich zu Krebserkrankungen führen können. Einige führen „nur“ zu irgendwelchen anderen Geschlechtserkrankungen, zu diesen klassischen Feigwarzen, die leider auch sehr langwierig und stören sein können. Und es gibt inzwischen eine Impfung seit ungefähr 20 Jahren. Heutzutage impfen wir gegen neun Stämme. Darunter sind vier Hochrisikostämme, die wirklich Krebs auslösend sein können und fünf Niedrigrisikostämme, die dann gegen diese klassischen Warzen im Genitalbereich wirken. Das empfohlene Alter zur Impfung ist inzwischen neun und 14. Man sagt, relativ jung, damit die Immunantwort gut ist. Und bitte auch vor dem ersten Geschlechtsverkehr, weil meistens über Geschlechtsverkehr diese Viren verteilt werden. Es besteht eine Impfempfehlung für Männer und Frauen, man hat herausgefunden, dass nicht nur der Gebärmutterhalskrebs durch diese HPV-Viren ausgelöst wird, sondern auch das Peniskarzinom, Analkrebs, sowie einige Krebserkrankungen im Rachenraum. Man nimmt inzwischen an, dass der HPV16 auch mit Hautkrebs zusammenhängt. Und daher ist das etwas ganz, ganz Wichtiges, dass man wirklich in jungem Alter sagt, man überlegt sich das, man informiert sich gut, man lässt sich impfen, um sich deutlich später im Leben gegen verschiedenste Erkrankungen, teils auch bösartige, schützen zu können. 

Ilka Brühl: Was kann ich denn selbst tun, um auf meine Gesundheit zu achten? Gibt es da irgendwelche Ernährungsformen? Irgendwelche Verhaltensweisen, die ich am besten umsetze oder auch andere Dinge, die ich vermeiden sollte? Wie kann ich auf mich und meinen Körper achten?

Frau Dr. Holland: Also grundsätzlich ist es so, ganz klassisch, nicht nur in unserem Feld, wenn man sagt, alle Giftstoffe, wie Rauchen, Alkohol, sein lassen oder in Maßen. Gesundes Essen, viel Bewegung, Sport, auf normales Körpergewicht achten. Das sind Dinge, die auch in unserem Fach sehr wichtig sind, weil Nikotin zum Beispiel ein Risikofaktor für viele Krebserkrankungen ist. Übergewicht, Nikotin sind Risikofaktoren für Erkrankungen, Krebserkrankungen, für viele Veränderungen. Das ist etwas, was ich ganz, ganz wichtig finde. Und grundsätzlich finde ich einfach wichtig, dass man seinen eigenen Körper kennt. Das ist auch gerade bei jungen Frauen, bei Mädchen, eine Sache, auf die ich sehr viel Wert lege. Dass ich sage, lernt euren eigenen Körper kennen. Schaut nicht so viel ins Internet, wie das alles auszusehen hat. Sondern lernt euch kennen, wisst erstmal selber, was euch guttut, wie das normal aussieht, wie fühlt sich meine Brust normalerweise an? Die Brust ist nicht ganz glatt, die hat kleine Knubbelchen, die aber nicht schlimm sind, die sich auch bei einem normalen Zyklus verändern können. Merkt einfach, wie der Körper sich normal anfühlt, wie er normal aussieht. Und alles, was sich verändert, wo man sich unsicher ist, damit gerne einfach mal zu uns kommen. Zum Beispiel finde ich es auch ganz wichtig, dass man Frauen oder jungen Mädchen sagt, es ist auch mal normal, dass man ein bisschen Bauchschmerzen hat zur Periode. Der darf mal ziehen, der Bauch. Aber man sollte eben keine übermäßigen Schmerzen haben. Man sollte jetzt nicht handlungsunfähig im Alltag sein. Ich finde, so ein gutes Gleichgewicht zwischen, es darf mal ziepen und ziehen, ohne dass es schlimm ist zu, wo ist es vielleicht dann doch auffällig, das ist wichtig. Also, man muss nicht in Panik verfallen, wenn es dann mal irgendwo ziept. Das ist eben normal und darf ein Zyklus auch so haben. Und gleichzeitig sollte man einfach sagen, wenn sich etwas verändert, was einen beunruhigt, dann sollte man gerne auch mal einen Facharzt draufschauen lassen, inwieweit das normal ist. 

Ilka Brühl: Wenn ihr die Tipps von Frau Dr. Holland auch so nützlich fandet, dann leitet die Folge doch gerne an euren Bekanntenkreis weiter. Insbesondere junge Menschen haben vielleicht noch nicht so viel davon gehört und können sich so selbst vorbereiten. Wenn euch die Folge gefallen hat oder ihr anderes Feedback für uns habt, dann hinterlasst gerne eine Bewertung auf allen gängigen Podcast-Playern. Und wenn ich nichts mehr verpassen wollt, abonniert auf jeden Fall unseren Kanal und erhalten eine Benachrichtigung, wenn es in einem Monat wieder heißt, dass es Zeit ist für „Achtsam bis Zuckerfrei“. 

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