Nachhaltigkeit: Zwischen Verzicht und Kompromiss.

Ilka Brühl: Herzlich Willkommen zu von Achtsam bis Zuckerfrei, dem Gesundheitspodcast der Audi BKK. In diesem widmen wir uns einer Vielzahl an Themen, die Körper und Geist betreffen. Na, warst du ein bisschen überrascht, als du den Folgentitel gelesen hast? Vielleicht hast du sogar nochmal überprüft, ob du hier wirklich gerade den Gesundheitspodcast der Audi BKK hörst. Aber ja, du bist hier richtig. Auch wenn du wahrscheinlich bei Nachhaltigkeit zuerst an unsere Umwelt denkst. Vielleicht siehst du Berge von Plastikmüll an den Stränden vor dir. Oder denkst an heiße Sommer und schmelzende Gletscher? All das ist komplett richtig. Aber Nachhaltigkeit ist auch noch mehr. Und deswegen haben wir uns heute Marijana Braune eingeladen. Sie ist Diplompsychologin und coacht Menschen auch auf dem Weg zu Nachhaltigkeit. Sie sagt, Nachhaltigkeit hat viel mit unserer Gesundheit zu tun. Und bevor wir jetzt mit dem Interview mit Marijana starten, möchte ich dir auf jeden Fall noch sagen, dass es ganz normal ist, dass solche Prozesse Zeit brauchen. Sei nicht so streng mit dir. Jeder Schritt, den du machst, ist gut. Und die Zeit, die du dafür brauchst, brauchst du nun mal. Also sei milde mit dir. Und nun viel Spaß mit dem Interview mit Marijana. Anschließend werde ich dir noch ein paar eigene Tipps geben. Aber wir hören jetzt erstmal die von Marijana. Herzlich Willkommen, liebe Marijana. Ich freue mich sehr, dass du heute Zeit hast.

Marijana Braune: Vielen, vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich auch sehr, liebe Ilka.

Ilka Brühl: Wie ist es denn bei dir? Wie bist du überhaupt zum Thema Nachhaltigkeit gekommen?

Marijana Braune: Das ist eine spannende Geschichte. Ausschlaggebend war tatsächlich die Geburt meiner Tochter vor ein paar Jahren. Mittlerweile ist es schon fünfeinhalb Jahre her. Es ist Wahnsinn, wie die Zeit rennt. Und es war damals so, dass ich in der Konzernwelt, in der Luftfahrtbranche als Psychologin unterwegs war. Und dann eben schwanger wurde und danach in der Elternzeit war. Und dann gab es so einen Moment, indem ich stillend auf dem Sofa saß in meinem kleinen, feinen Backsteinhäuschen am Hamburger Stadtrand. Es war super schönes Wetter im Hochsommer und ich hielt mein Mini-Mädchen in den Armen. Ich saß da und habe mich umgeguckt. Beim Stillen hat man viele Stunden Zeit sich mit allem Möglichen zu befassen. Ich habe mich einfach umgeguckt und habe diesen ganzen Konsum gesehen, der in unser Leben gezogen war, als wir Eltern geworden sind. Und ich habe dann ein Gefühl gehabt, dass mir der ganze Konsum nicht nur nicht gedient hat, sondern er hat mich auch komplett überfordert. Weil Kinder haben die Angewohnheit schnell zu wachsen. Und ich war nur am Räumen, Machen, Tun, Aussortieren und am Flohmarkt organisieren. Am neue Klamotten herbeischaffen. Und ich hatte eigentlich in mir nur den Wunsch, Zeit mit meinem Mini-Mädchen und meiner Familie zu verbringen. Ich wollte es einfach ruhiger und gesetzter haben, um irgendwie mehr im Moment sein zu können. Ohne dieses ganze Zeug. Und das war so der Moment, in dem ich anfing, mich mit dem Thema Minimalismus und Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Mir fiel damals das Buch von Bea Johnson, Zero Waste Home in die Hände. Das habe ich durchgelesen. Und dann war es um mich geschehen und ich habe einfach unser Leben umgestellt. Und das wiederum hatte dann so viele tolle positive Nebeneffekte. Wir hatten wirklich mehr Zeit. Wir haben entlang unserer Werte gelebt. Unser Leben wurde einfacher und viel schöner. Also wirklich ästhetischer, weil die Nachhaltigkeit einzog. Es ist halt einfach wunderschön, nachhaltige Produkte zu verwenden. Ja und dann war das alles so großartig, dass ich mich gefragt habe, warum leben eigentlich so wenig Menschen danach? Wenn das doch so toll ist und einfach auch so einen wahnsinnig tollen Effekt auf das Leben unserer Kinder, auf unsere Welt und für uns selbst, hat. Und dann habe ich angefangen, das nach außen zu tragen. Und das ist so die Story in a Nutshell. Wenn man so möchte.

Ilka Brühl: Super schön. Wie war das denn für dich? Du beschreibst jetzt ja, dass es eigentlich ganz positive Gefühle in dir geweckt hat. Viele Menschen verbinden mit Nachhaltigkeit ja doch eher so ein bisschen den Verzicht. Hattest du das Gefühl zwischendurch auch?

Marijana Braune: Ja. Wir schimpfen das in der Fachsprache so Whataboutism. Dieser dogmatische Anspruch von anderen, den man manchmal auch gerne gespiegelt bekommt. So nach dem Motto, ja gut, du machst jetzt hier einen auf nachhaltig. Aber was ist denn mit dem Auto in deinem Vorgarten? Oder ja, du benutzt jetzt hier vielleicht eine Edelstahlbrotbox, aber was ist denn mit Fliegen? Tatsächlich war es für mich anfangs so, dass ich einfach ganz großen Ärger hatte, mein Leben so umzugestalten, dass es halt entlang meiner Werte ist und mir tatsächlich das verschafft, was ich mir erhofft hatte. Mehr Leichtigkeit in meinem Alltag. Mehr Zeit statt Zeug. Und da ich persönlich einfach diese ganzen positiven Effekte so wahrgenommen hatte, war das für mich nicht so. Aber später als ich dann mit diesem Thema ebenso nach draußen gegangen bin und dann gespiegelt bekommen habe, was ich gerade sagte, dann kamen diese Nachfragen. Wie bringst du das denn unter einen Hut? Und wie geht das denn? Da bin ich dann das erste Mal damit konfrontiert worden, dass eben von außen oft dieser Anspruch auch so sehr an uns herangetragen wird. Und dieser erhobene Zeigefinger. Weshalb ich dann immer gesagt habe, es geht um das Inspirieren, statt um das Missionieren. Und es geht darum, dass niemand alles perfekt machen wird. Oder muss. Sondern dass jeder viele tausend, Millionen kleinen Minischritte gehen darf. Und das einfach insgesamt einen wahnsinnig großen Unterschied macht. Und das für mich insgesamt dann gar nicht mehr so viel, also mit dieser inneren Attitüde, mit Verzicht zu tun hatte. Sondern eher mit Freude, mit sich ausprobieren, mit back to the Roots finden. Und sich trotzdem ein normales Leben zu führen erlauben. Ja, also ich bin da auch zum Glück, muss ich wirklich sagen, entlang der Zeit wieder weicher geworden. Also wenn ich ganz normal im Supermarkt einkaufen gehe und da auch mal plastikverpackte Produkte dabei sind, dann ist das vollkommen in Ordnung. Weil das Leben darf leicht sein. Ich bin auch nur ein Mensch. Und so, glaube ich, darf da jeder einfach seinen Mittelweg finden. Also wie viel ist Verzicht? Was ist zu doll? Was ist irgendwie noch cool? Ja, aber ich persönlich, um die Frage final zu beantworten, habe das nicht so sehr so empfunden, muss ich sagen. Nein.

Ilka Brühl: Das ist doch schön. Ich glaube, das ist ganz oft so, wenn man vielleicht auch ein Umfeld hat, wo es eher weniger Leute betrifft, dass die doch so ein bisschen dagegen powern. Aber könnte ich mir vorstellen, dass es leichter wird, wenn man dabeibleibt. Weil man ja so seinem Standpunkt einfach treu bleibt. Und wie du sagst, dieser Whataboutism. Den kennt man ja aus vielen Bereichen. Es gibt doch diesen Spruch, ich weiß nicht, ob ich ihn jetzt richtig zitiere, aber so in diese Richtung, lieber Milliarden Menschen, die es gut machen, als Millionen, die es perfekt machen. Das war schon immer mein Grundsatz bei allem. Und ich glaube, das ist auch der gesündeste. Was meinst du?

Marijana Braune: Absolut, das ist wunderschön gesagt. Absolut. Also lieber ganz viele Menschen, die ganz viele kleine Schritte gehen. Als ein paar, die man an einer Hand abzählen kann, die versuchen alles perfekt zu machen. Und ihr Leben insoweit einzuschränken, dass sie, so wie wir gerade besprochen haben, dann gar nichts mehr tun. Sich nicht mehr zu fliegen erlauben, irgendwann mal in ihrem Leben, kein Auto mehr zu haben und so weiter und so fort. Weil die Frage ist ja auch immer, wie groß und wie weit wählst du das Ziel. Weil rein theoretisch, wenn du Nachhaltigkeit in seiner schönsten, krassesten Form leben wolltest, dann müsstest du in eine Holzhütte in den Wald ziehen. Dürftest aber vielleicht nicht mehr atmen. Das ist immer die Frage. Deswegen darf das jeder für sich entscheiden. Aber es ist genauso wie du sagst. Also es sind diese ganzen vielen Milliarden kleinen Schritte. Und tatsächlich, weil du das eben auch angeschnitten hattest, ist das Umfeld ein wahnsinnig entscheidender Punkt. Es gibt diesen wunderschönen Spruch, du bist der Durchschnitt der fünf Menschen, mit denen du die meiste Zeit verbringst. Und das kann ich tatsächlich bestätigen. Mit den Frauen, mit denen ich arbeite, bin ich so sehr in meiner eigenen Bubble, entlang meiner Online-Programme. Oder online in meiner Nachhaltigkeits-Online-Business-Bubble. Dass das für mich alles so normal ist und ich mich tatsächlich so gepusht oder so angenommen fühle. So gesehen fühle. Wenn man aber über den Tellerrand hinausguckt, das klingt irgendwie komisch, aber ich glaube, du weißt was ich meine, und sich mit anderen Menschen umgibt, dann merkt man, ach so, das ist gar nicht normal, dass man keinen Fernseher hat. Ach so, das ist gar nicht normal, dass alternative Menstruationsprodukte verwendet werden. Da bin ich jedes Mal überrascht. Also es ist jedes Mal so, wenn ich irgendwo in andere Badezimmer komme und sehe, dass da eben Tampons stehen und ganz viele Plastik Shampoo Flaschen, denke ich, ach so, okay, nein, gut, ich mache meine Arbeit weiter. Das ist alles noch gar nicht erledigt. Genau, ja.

Ilka Brühl: Ja, das kann ich verstehen. Ich bin da auch in meinem Bereich ganz oft in einer Bubble und der Ausbruch, der holt einen dann manchmal sehr hart in die Realität zurück.

Marijana Braune: Oh ja, ja, ja. Und gleichzeitig ist es so schön, finde ich.

Ilka Brühl: Ja, total. Auf jeden Fall. Was ich bei dir so super spannend finde ist, dass du ja eben nicht nur die bist, die uns Tipps gibt, wie man ein nachhaltigeres Leben gestalten kann. Sondern du bist ja Psychologin und Coach. Und hast dadurch nochmal so einen ganz anderen Ansatz. Der, wie ich finde, einfach perfekt in einen Gesundheitspodcast hineinpasst. Wie, würdest du sagen, ist dir bewusst geworden, dass es da einen Zusammenhang zwischen Gesundheit und Nachhaltigkeit gibt?

Marijana Braune: Das ist so eine wunderschöne Frage. Und ich glaube wirklich das ist der wichtigste Punkt, über den wir reden wollten. Weil ich festgestellt habe, erstmal an mir selbst und dann vor allem entlang der Arbeit mit diesen vielen hunderten und irgendwann auch tausenden Menschen, dass es eigentlich im Kern gar nicht nur unbedingt darum geht, Nachhaltigkeit zu leben oder Minimalismus zu leben. Sondern vor allem um das Gefühl, was wir uns versprechen zu haben, wenn wir das tun. Also es geht eigentlich gar nicht darum, dass wir jetzt wissen wollen, wie wir Stofftaschentücher oder Stoffwindeln verwenden. Oder weil wir es gerade davon hatten, alternative Menstruationsprodukte. Sondern das ist eigentlich nur ein Tool dahin, was wir uns eigentlich wünschen. Nämlich vielleicht mehr Ästhetik in unserem Leben. Vielleicht mehr Leichtigkeit. Wahrscheinlich mehr Leichtigkeit. Ein Weniger. Also das erlebe ich tagtäglich in meiner Arbeit. Weil wir mehr Leichtigkeit und ein Weniger in das Leben von hunderten von Frauen bringen. Indem sie Nachhaltigkeit leben. Indem sie sich mit sich selbst beschäftigen und persönlich weiterentwickeln. Das heißt, da ist der Zusammenhang unfassbar groß, dass wir uns von einem nachhaltigen Leben versprechen, wieder zurück zu uns zu finden. Indem wir ein minimalistischeres Leben mit einem Weniger auf allen möglichen Ebenen, führen. Nicht nur in Form von Konsum und der Anzahl von Kleidungsstücken in unserem Kleiderschrank, sondern wirklich mit diesem Weniger in unserem Leben, weniger Termine, weniger To-Dos, weniger Konsum vielleicht auch in Form von Social Media und so weiter. Also uns mehr mit uns zu beschäftigen. Unsere innere Mitte wieder zu finden. Deswegen hat dieses Thema, das Gefühl was damit einhergeht, unfassbar viel mit Gesundheit zu tun. Eigentlich alles mit Gesundheit zu tun. Weil wir uns da nur um das Thema mentale Gesundheit drehen. Und das unfassbar wichtig ist. Und deswegen hat es sich auch mittlerweile in meiner Arbeit sehr gewandelt. Das waren früher Programme, in denen es im Kern sehr strikt um das Thema Nachhaltigkeit ging. Und ich dann eben festgestellt habe, nein, eigentlich ist es das im Kern gar nicht. Und dann immer mehr meine psychologische Arbeit, meine Coachingarbeit habe einfließen lassen. Und jetzt ist es fast umgedreht. Wir arbeiten uns immer von Innen nach Außen. Und sagen, wir fangen erstmal bei dir und deinem Mindset an, bei deiner persönlichen Weiterentwicklung. Warum möchtest du das machen? Was sind deine Glaubenssätze? Wie möchtest du leben? Was steht dir bisher da vielleicht im Weg? Wie kannst du achtsamer mit dir sein? Wie kannst du lernen, wieder zu entspannen? Und dann gehen wir erst in das Außen und lassen sozusagen das Außen das Innen spiegeln. Und fangen dann an wirklich auszumisten. Deswegen ist da ein riesengroßer Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit, Minimalismus und Gesundheit.

Ilka Brühl: Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich habe das auf jeden Fall auch schon persönlich erlebt. In einer Phase, in der ich noch einen Beruf gemacht habe, der mir nicht so viel Spaß gemacht hat, habe ich das die ganze Zeit über Konsum ausgeglichen. Und dann war es auch wie so eine Abwärtsspirale. Denn ich dachte ja dann, ich brauche diese ganzen Sachen. Deswegen kann ich mich von diesem Job nicht trennen, der mir ja das Geld bringt, um diese ganzen Sachen zu kaufen. Ich glaube, das ist zum Beispiel etwas, was ganz viele Menschen kennen.

Marijana Braune: Absolut.

Ilka Brühl: Und jetzt verdiene ich definitiv weniger, aber ich brauche auch einfach nicht viel und bin insgesamt viel glücklicher.

Marijana Braune: Ja, das ist so schön, dass du das sagst. Denn auch da geht es um genau die gleiche Sache. Es geht nicht darum, dass wir ein bestimmtes Ding kaufen. Sondern es geht wieder darum, was wir uns für ein Gefühl versprechen, wenn wir diese Sache haben. Es geht nicht an sich darum, das Gucci-Kleid im Schrank zu haben. Sondern es geht darum, dass wir uns von diesem Gucci-Kleid versprechen, schön auszusehen, anerkannt zu werden, uns gut zu fühlen. Das ist es eigentlich. Deswegen ist immer die Frage, in Form von jeglichem Konsum eigentlich. Auch dahingehend vielleicht was wir essen. Es ist nicht die Schokolade, die wir jetzt brauchen oder die Chips oder der Burger. Sondern es ist das Gefühl von Belohnung oder Entspannung, was wir uns davon versprechen. Und das ist so spannend, da hin zu gucken. Und sich immer zu fragen, was ist quasi der Wert hinter dem Wert?

Ilka Brühl: Du hast ja gerade schon das Essen angesprochen. Also wir wissen ja jetzt gerade schon, dass die Psyche auf jeden Fall eine wichtige Verknüpfung mit der Nachhaltigkeit hat. Aber könnte vielleicht auch einfach der Aspekt, dass wenn wir bestimmte Dinge konsumieren, wir auch dadurch gesünder sind, weil wir dann weniger Pestizide zu uns nehmen oder so. Also weißt du darüber was?

Marijana Braune: Absolut. Also du bist was du isst. Das ist so schön, auch wenn man da diesen Faden vom Thema Nachhaltigkeit aufnimmt, dass das einfach nicht aufhört. Du kommst so von Höcksken auf Stöcksken. Jeder fängt mit einem anderen Thema an. Also die einen kommen vom Thema Ernährung zum Thema Nachhaltigkeit. Weil sie anfangen sich mit Bio Produkten und mit nachhaltiger Landwirtschaft zu beschäftigen. Gerade, ehrlich gesagt, meistens wenn Kinder kommen. Weil du plötzlich so wahnsinnig viel Verantwortung hast. So ein kleines Wunderwesen, welches du im Arm hältst. Und weißt, dass alles, was du in dieses Menschlein hineintust, einfach darüber entscheidet, wie es sich entwickelt. Und wie gut es ihm geht und wie gesund es ist. Und so kommen einige Menschen eben über die Kinder, über die Ernährung, zum Thema Nachhaltigkeit. Andere eben über Plastik oder Einkaufsverhalten oder Konsum oder so. Und ja, das Thema Ernährung, Nachhaltigkeit ist ein unglaublich großes. Was auch einen wahnsinnigen Impakt natürlich auf unsere Umwelt hat. Und sich damit zu beschäftigen und mal zu schauen, was tu ich da eigentlich den ganzen Tag in mich rein. Und was macht das mit mir? Und mit meinem Körper? Wie möchte ich mich nähren? Das ist wunderschön. Und macht einen riesengroßen Unterschied. Also ich persönlich oder wir haben saisonal, also so ab Frühling bis Herbst, eine Bienenkiste von einem großartigen Hof. Die alles mit Hand noch anbauen und da unglaublich bewusst unterwegs sind. Und ich merke, wie viel besser es mir dadurch geht. Und wie viel gesünder ich dadurch bin, dass ich mich so ernähre. Und ich glaube ehrlicherweise das kennt jeder von uns. Also es ist mal total angenehm, nett und irgendwie auch schön, so ein bisschen Comfort Food zu sich zu nehmen. Aber im Kern ist es wirklich so, du bist was du isst. Und das ist, glaube ich, nicht ohne Grund wissenschaftlich bewiesen und zieht sich wie so ein roter Faden durch, dass viel Gemüse und Obst gesund ist.

Ilka Brühl: Ja, total. Das mit der Gemüsekiste kenne ich auch wieder persönlich. Wir haben nämlich auch eine. Und ich finde das ganz witzig, wie man sich am Anfang auch ganz oft erst mal wirklich umgewöhnen muss. Bei unserer ist das zum Beispiel so, dass die Sachen viel erdbehafteter und so sind. Also die werden halt nicht so klinisch gereinigt. Und da muss man sich auch erstmal irgendwie wirklich umgewöhnen. Aber ich finde, das lohnt sich. Und ich freue mich immer, wenn ich mir die Zeit im Feierabend nehme, die Erde von meinem Gemüse pule und das dann am Ende essen kann. Also ich freue mich immer. Und ich glaube, das ist etwas, was ich persönlich den Leuten einfach mitgeben will. Wenn ihr dann nochmal das Gefühl habt, es passt aber jetzt gerade nicht in mein Leben. Irgendwie nervt es mich, diese Erde von dem Gemüse ab zu pulen. Dann pausiert es einfach mal, probiert es wann anders nochmal. Manchmal ist vielleicht jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt für euren Weg oder so gekommen. Also alles so phasenweise, würde ich sagen. Wir hatten ja jetzt schon als Tipp, dass man einmal darauf achtet, wie sieht es denn eigentlich mit mir und meinem Inneren aus? So vielleicht in Bezug auf Achtsamkeit und Konsumverhalten. Dann haben wir gerade über Regionales und Ernährung generell gesprochen. Was sind so Ratschläge, die du den Leuten sagst, wenn sie nachhaltiger leben möchten, um gesünder zu sein. Wo kann ich denn da anfangen?

Marijana Braune: Immer da, wo es dir am Leichtesten fällt. Tatsächlich. Das ist die Magie dahinter. Und je nach Lebenssituation in kleinen bis mittelgroßen Schritten. Immer schön in der veganen Salamitechnik. Weil niemandem damit geholfen ist, wenn du dich selbst überforderst. Und du zu viel auf einmal willst oder in Bereichen anfängst, die dir nicht dienen. Und die dich eben auch überfordern. Also für den einen ist es super easy im Badezimmer anzufangen und sich auszuprobieren, alternative Produkte zu verwenden. Eben als Frau alternative Menstruationsprodukte zu verwenden. Auf Stofftaschentücher umzusteigen. Für die anderen ist es der Bereich Kinder. Ökologische Kinderkleidung, Stoffwindeln zu verwenden. Für die anderen ist es der Einkauf. Zu sagen, ich möchte jetzt auf den Hof fahren oder ich verzichte auf in Plastik eingeschweißte Produkte. Für die anderen ist es das Thema Fliegen. Weil sie sowieso Flugangst haben. Also es geht immer darum wirklich zu schauen, was fällt mir am Leichtesten. Und wo möchte ich mit Spaß, Freude und Leichtigkeit anfangen, kleine Schritte zu gehen. Und wenn das dann Spaß macht, dann ziehst du deine Motivation weiter zu machen aus diesem Spaß und diesen ersten Erfolgen. Und das ist wirklich mein One and Only Tipp. In kleinen machbaren Schritten, so wie es zu deinem Leben passt. Weil was ich damals definitiv falsch gemacht habe und alle, die sich mit dem Thema schon beschäftigt haben, wissen jetzt ganz genau was ich meine, war, dass ich damals versucht habe, ganz ambitioniert alles auf einmal zu verändern. Und dann war ich da mit Säugling im Ausmistmodus und habe gesagt, dass ich jetzt nur noch nachhaltig einkaufen gehe und so. Und dann habe ich mir mehr Arbeit gemacht, als vorher da war, weil ich in diesem Chaos versank. Ja, weil ich versucht habe, alles Mögliche gleichzeitig auszumisten und ein Weniger in unser Leben zu ziehen. Und das hat mir auch nicht unbedingt gedient. Also, ich habe dann irgendwann die Lage wieder unter Kontrolle bekommen. Aber das kann ich nicht unbedingt empfehlen, da wirklich dann noch weitere Baustellen, alle auf einmal, aufzumachen. Deswegen immer schön da anfangen, wo es Spaß macht und in kleinen machbaren Schritten. So dass man Spaß und Freude weiterhin dabei hat.

Ilka Brühl: Auf jeden Fall. Wie ist das denn in deiner Praxis? Es gibt wahrscheinlich auch unglaublich viele Mythen rund um Nachhaltigkeit. Was kannst du gar nicht mehr hören? Und womit würdest du gerne mal aufräumen?

Marijana Braune: Spannende Frage. Ich glaube, du hast es vorhin schon ganz schön gesagt. Nachhaltigkeit zu leben ist anstrengend. Nachhaltigkeit zu leben ist teuer. Das ist das Witzigste eigentlich. Ich glaube, das ist das Witzigste. Weil die Assoziation sofort ist, nachhaltige Produkte kosten unfassbar viel Geld. Zum Beispiel, ganz praktisch gesehen, eine Edelstahlbrotbox kostet wahrscheinlich das Fünffache von einer Plastikbrotbox, die wir kaufen können. Oder Bioprodukte, weil wir gerade über das Essen gesprochen hatten, sind so viel teurer. Oder ökologische Kinderkleidung ist so viel teurer und so weiter. Und was da immer so gerne übersehen wird ist, erstens durch dein verändertest Mindset, von allem weniger und dem Hinterfragen des Konsums, konsumierst du gar nicht mehr so viel. Das heißt, eigentlich ist so die wichtigste Frage, die du dir immer stellen darfst, brauche ich das wirklich? Und meistens ist die Antwort nein. Oder du hast es irgendwie nach 24 Stunden schon wieder vergessen. Das heißt, durch dein verändertes Mindset, durch deine Reflektionen in Bezug auf deinen Konsum, konsumierst du schon mal viel weniger. Das ist Grundvoraussetzung dafür. Geld zu sparen oder das Leben nicht so teuer sein zu lassen. Das Zweite ist, wenn du in nachhaltige Produkte investierst, sind das hochqualitative Produkte, die eine unfassbar lange Lebensdauer haben. Also als Beispiel, so eine Menstruationstasse kannst du bis zu zehn Jahre verwenden. Das heißt, du investierst einmal 30 Euro und verwendest so eine Menstruationstasse zehn Jahre lang. Versus du kaufst jeden Monat neue Tampons und Slipeinlagen und so weiter. Genau das gleiche Beispiel mit Windeln. Ich habe mal so eine Rechnung aufgemacht. Wenn du Wegwerfwindeln kaufst, dann bist du, bei einer durchschnittlichen Wickelzeit von so ein paar Jahren, mit mehreren tausend Euro dabei. Versus du investierst ein paar 100 Euro in Stoffwindeln und verwendest die immer wieder, auch über mehrere Kinder hinweg. Kaufst die vielleicht sogar Second Hand. Denkt man sich nicht, aber es gibt einen unfassbar großen Second Hand Stoffwindelmarkt. Und diese Kosten amortisieren sich also unfassbar schnell. Und noch dazu musst du nie wieder über den neuen Konsum nachdenken, denn die Dinge sind ja da. Und du verwendest die immer wieder. Und das ist, glaube ich, einer der größten Mythen, die ich auch irgendwie mit am Witzigsten finde. Weil aus meiner Praxis kann ich nur sagen, das Geld auf meinem Konto hat sich magisch vermehrt. Also wirklich durch diese Kombination, dass ich grundsätzlich schon viel weniger konsumiere. Und dann investiere ich einmal in Produkte, die viel schöner sind. Die mein Leben viel schöner, leichter, toller gestalten und die ich immer wieder verwende. Oder ich kaufe Second Hand. Das ist auch der größte Tipp überhaupt. Mein Leben besteht aus Second Hand Online Plattformen. Ich weiß nicht, ob ich die hier nennen darf, aber ich habe mein Haus über eine solche Plattform gekauft. Ich habe meinen Staubsaugerroboter über diese Plattform gekauft. Ich habe gerade zwei Paar Schuhe für den Frühling und den Sommer über diese Plattform gekauft. Also ich könnte, glaube ich, noch 30 Stunden darüber weiterreden. Aber um es kurz zu machen und auf den Punkt zu bringen, das ist einer der größten Mythen, die mir immer Spaß machen zu widerlegen, mit dem was ich gerade auch schon nannte.

Ilka Brühl: Ja, auch das kann ich wieder persönlich total bestätigen. Ich hatte da mal so einen augenöffnenden Moment, als ich früher so mit meinen Mädels auf Schnäppchentour war und Prozente, Prozente, Prozent. Und irgendwann kam ich dann wieder und wollte meinem Freund erzählen, was ich alles gespart hab, weil ich doch so viele Prozente abgestaubt habe. Und da hat er gesagt, dass ich aber doch Geld ausgegeben und mehr ausgegeben hätte, als wenn ich einfach nichts gekauft hätte. Ja und in meinem Kopf war das irgendwie so ein Öffner, weil ich gedacht habe, stimmt. Natürlich habe ich nicht gespart, weil da Prozente waren. Und hätte das jetzt mehr gekostet und wäre nachhaltiger gewesen, hätte ich vielleicht nochmal darüber nachgedacht, hätte nur ein Teil gekauft und insgesamt weniger gezahlt. Aber es wären Sachen gewesen, die ich dann wenigstens auch getragen hätte. Und die nicht, weil sie einfach nur billig waren und mir gar nicht so gut gefallen haben, am Ende in der Ecke gelandet wären. Also ich glaube, wenn man damit erstmal anfängt, würde ich mich auch sehr wundern, wenn man am Ende nicht Geld spart. Also kann ich dir nur zustimmen. Diesen Mythos können wir sehr gerne abräumen.

Marijana Braune: Sehr gut. Hiermit erledigt. Großartig ja.

Ilka Brühl: Ja. Vielen Dank schon mal für alles, was du mit uns geteilt hast. Hast du noch irgendeine Sache, die du unbedingt noch hier loswerden möchtest?

Marijana Braune: Ich glaube, das Beste, was wir tun können, jetzt gerade auch in diesen globalen wilden Zeiten, ist auf uns zu schauen und es uns selbst wirklich gut gehen zu lassen. Also innerlich aufgeräumt zu sein, uns mit unserer persönlichen Weiterentwicklung zu beschäftigen. Zu schauen, was sind Tools, die dazu führen, dass wir bei uns bleiben. Dass wir schauen, wie können wir einen Beitrag leisten. Wie können wir uns in die Gesellschaft einbringen. Wie können wir dazu beitragen, dass wir ein Weniger in unser Leben ziehen, falls wir uns überfordert und angespannt fühlen. So dass wir bei uns bleiben, entspannter bleiben und dafür eben einen viel größeren gesamtgesellschaftlichen Beitrag leisten können, als wenn wir ins Außen übergehen, im Konsum bleiben und unbewusst leben. Also zu schauen, wie kann ich dieses Selbstbewusstsein, das Bewusstsein für sich selbst, stärken. Ich glaube, das liegt mir gerade jetzt in den aktuellen Zeiten unfassbar am Herzen. Da wirklich zu schauen. Und damit machen wir quasi den Bogen rund. Es geht vielleicht gar nicht so sehr nur um das Thema Nachhaltigkeit. Sondern das Gefühl, welches sich dahinter verbirgt. Was wir uns versprechen, wenn wir das leben. Und dahin zu schauen und zu gucken, wer bin ich. Und wenn ja, wie viele? Ist gleich unfassbar wertvoll. Und da wünsche ich allen, die jetzt zuhören unfassbar viel Spaß dabei, da mal hinzugucken und in die Reflektion, in die Wahrnehmung zu kommen. Ja.

Ilka Brühl: Das war das Interview mit Marijana. Und ich finde es immer wieder spannend, welche Verknüpfung es zwischen Nachhaltigkeit und Gesundheit gibt. Das hat euch ja Marijana eben erzählt. Und ich habe es ja mit meiner eigenen Erfahrung einfach nochmal bestätigt. Zum Schluss möchte ich ihre Tipps nochmal zusammenfassen und teilweise durch weitere ergänzen, die einfach in der Kürze der Zeit hinten runtergefallen sind. Da hätten wir, zum Beispiel, die Mode. Da hat sie ja selbst schon gesagt, dass Second Hand Mode eine super Alternative ist. Weil man Ressourcen komplett spart. Also wenn ich fair Fashion kaufe ist das teurer und es müssen ja trotzdem neue Ressourcen gewonnen werden. Deswegen ist Second Hand kaufen, auf jeden Fall, super. Nicht nur bei Kleidung. In der Küche sprach sie ja schon die wiederverwendbaren Edelstahldosen an. Und es gibt natürlich auch noch die Option auch wiederverwendbare Obst- und Gemüsebeutel, statt Plastiktüten, zu nehmen. Die ja häufig mittlerweile in den Supermärkten schon ausliegen. Oder bei den Joghurtbechern sieht man jetzt ja, dass immer mehr Hersteller auf die Plastikdeckel verzichten und stattdessen dort auch Silikondeckel liegen, die man einmal kaufen und dann für immer verwenden kann. Es gibt so viele Optionen, die wirklich schnell umsetzbar sind. Bienenwachstücher. Man kann mal gucken, mit was reinige ich überhaupt. Sowohl die Reinigungsmittel als auch Schwämme und Tücher. Welche meistens Einmalartikel sind. Und die man durch Baumwollvarianten oder Bürsten ersetzen kann. Im Bad sprach sie schon die festen Shampoos und Seifen an. Weiterhin geht natürlich auch, dass man einen Rasierhobel benutzt. Oder dass man auch hier auf die nachhaltige Reinigung mit vielleicht sogar selbst gemachten Reinigungsmitteln achtet. Hier kommt sogar schon wieder ein Gesundheitsaspekt zum Tragen. Denn wenn ich Plastikdosen benutze oder Alufolie, dann können dadurch Inhaltsstoffe in mein Essen gelangen, welche ich dann zu mir nehme und die nicht unbedingt gut für mich sind. Auch aggressive Reinigungsmittel können durch die Hautbarriere kommen. Wenn wir schon beim Thema Nachhaltigkeit und Gesundheit sind, ist natürlich ein ganz großes Thema unser Fleischkonsum. Abgesehen davon, dass es aus nachhaltigen Gründen wirklich sinnvoll ist weniger Fleisch zu essen. Man muss ja gar nicht gleich ganz aufhören. Vielleicht reicht es euch ja schon, wenn ihr achtsamer einfach nur einmal die Woche Fleisch esst. Das hat auch gleich den Vorteil, dass ein niedrigerer Fleischkonsum wesentlich gesünder ist. Denn wir essen im Durchschnitt viel zu viel Fleisch. Besonders rotes Fleisch sollte möglichst seltener auf dem Speiseplan stehen. Hier kann es helfen, wirklich die gesamte Woche vorauszuplanen, was ihr essen wollt. Und dann einmal einen Großeinkauf zu machen. Das vermeidet spontane Impulskäufe. Und ihr haltet euch wirklich daran, was ihr euch vorgenommen habt. Außerdem spart man so nachgewiesenermaßen auch Geld. Die Personen, die auch einen Balkon oder Garten haben, denen stehen noch mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Achtet darauf, dass ihr nicht reine Steingärten anlegt. Sondern vielleicht auch mal ein paar Wildblumenwiesen oder zumindest bienenfreundliche Pflanzen verwendet. Denn es gibt ja ein großes Insektensterben, was durch die Verwendung von Steingärten, auf jeden Fall, noch verstärkt wird. Ihr könntet euren eigenen Kompost anlegen. Dafür braucht ihr nicht mal einen eigenen Garten. Ich wohne in einer Wohnung und ich benutze einen sogenannten Bokashi. Das ist quasi ein Innenkompost. Könnt ihr ja mal Googlen. Wie ihr euch sicher denkt, war das natürlich nur eine kleine Auswahl. Man könnte noch ewig weitermachen. Zum Thema nachhaltige Energie oder Reisen. Kosmetik selber machen. Wie ich Lebensmittel richtig einlagere und welche Lebensmittel ich überhaupt verwenden soll. Saisonales Einkaufen. Bio einkaufen. Es gibt so viel, was jetzt hier noch keinen Raum gefunden hat. Um euch auch einfach nicht am Anfang gleich zu überfordern. Wie Marijana schon gesagt hat, sucht euch ein paar Sachen raus, die euch leichtfallen und fangt damit an. Auf gar keinen Fall direkt mit allem überfordern. Denn dann brecht ihr die Aktion wahrscheinlich wieder ab. Also startet vielleicht damit, seltener Fleisch zu essen und noch eine andere Sache umzusetzen, die euch leichtfällt. Und wenn ihr einmal angefangen habt, werdet ihr merken, dass es euch viel leichter fällt, als ihr denkt. Und ihr könnt stückweise mehr Punkte hinzunehmen. Indem ihr auf eure Nachhaltigkeit achtet. Zum Glück gibt es da heutzutage wirklich viele Informationen. Und es wird einem immer leichter gemacht. Ich finde es jedenfalls super, wenn du dir diese Folge angehört hast. Denn das zeigt schon mal, dass du dich damit befassen möchtest. Wenn dir die Folge gefallen hat, hinterlasse gerne eine Bewertung auf einem Player deiner Wahl. Die nächste Folge im Mai dreht sich dann um psychische Gesundheit. Du willst sie nicht verpassen? Dann drücke auf Abonnieren, um eine Benachrichtigung zu erhalten. Bis dann.

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