Wie bringt man Bedürfnisse von Eltern und Kindern zusammen?

I: Hallo und herzlich willkommen zum Gesundheitspodcast der Audi BKK. Von Achtsam bis Zuckerfrei. In diesem widmen wir uns jeden Monat Themen, die Körper und Geist betreffen. Einerseits möchte man das Thema Corona ja gar nicht mehr hören. Andererseits stehen Eltern mit Kindern noch immer vor großen Herausforderungen. Da ich selbst noch keine Kinder habe, freue ich mich umso mehr die Redakteurin und Moderatorin des ELTERNgespräch Podcasts Julia Schmidt-Jortzig hier begrüßen zu dürfen. Frau Schmidt-Jortzig ist übrigens auch systemischer Coach und spricht somit nicht nur aus ihrer Erfahrung als eigene Mutter. Ich freue mich sehr, sie hier begrüßen zu dürfen. Herzlich Willkommen, Frau Schmidt-Jortzig. B: Ja, vielen Dank. Ich freue mich. I: Ich freue mich auch sehr mal mit einer anderen Podcasterin zu reden. Und in der heutigen Folge wollen wir uns ja dem Thema, wie sich die Bedürfnisse von Kindern und Eltern wieder mehr zusammenbringen lassen, widmen. Dass es keine leichte Aufgabe ist, steht fest. Die eigenen Wände werden zum Büro, Kindergarten oder einer Freizeiteinrichtung. Und das alles in einem. Da ist ein Rückzugsort eigentlich fast nicht mehr gegeben. Dabei sollte das Zuhause doch ein sicherer Ort zum Krafttanken sein. Hinzu kommt, dass man sich nicht aus dem Weg gehen kann. Spannungen sind vorprogrammiert. Wie schätzen Sie denn die aktuelle Lage ein? Haben die meisten Familien sich mittlerweile mit der Situation arrangiert? Oder war am Anfang noch Kraft da und jetzt gehen alle auf dem Zahnfleisch? B: Also ich glaube, die eine Antwort gibt es gar nicht. Ich glaube, es gibt die, die sich ein bisschen gefunden und ihre Lösungen haben. Aber das hängt auch wahnsinnig davon ab, wie die Familien leben und arbeiten. Also wir zum Beispiel sind extrem privilegiert. Mein Mann und ich können zu Hause arbeiten. Das macht jetzt alles nicht unbedingt die ganze Zeit Spaß. Aber es ist zumindest möglich. Und hat somit auch ermöglicht, dass wir uns mit Homeschooling Hilfe und so weiter abwechseln können. Und auch die Kinder haben sich so ein bisschen eingefunden. Aber das hängt eben auch sehr vom Alter der Kinder ab. Wenn Sie, so wie ich Kinder haben, die 16, 15 und neun sind. Dann ist es was anderes, als wenn Sie kleine Kinder zwischen eins und vier haben. Und meine Kollegen und Freunde, welche kleine Kinder haben, die gehen definitiv auf dem Zahnfleisch. Also da ist jeder Tag, an dem der Kindergarten offen ist, ein guter Tag. Und ich glaube, wenn wir jetzt darauf gucken, was kann man tun, damit es einem in der Situation besser geht? Ich glaube, vor allem gütig und nachsichtig mit sich selber auch einfach sein. Und viele andere Ansprüche dann einfach so ein bisschen nach unten schieben. Natürlich kocht man sonst gerne selbst, wenn es irgendwie geht. Aber ehrlich gesagt, in so einer Belastungssituation würde ich versuchen, auf ganz vielen Ebenen so ein bisschen den Druck rausziehen. Und ich glaube, das machen Eltern, ehrlich gesagt, auch. Auch ohne, dass ich denen das jetzt sage. Dass man einfach wirklich guckt, was ist jetzt total wichtig und was ist jetzt in dem Moment gerade nicht so wichtig. Und das kann, meiner Meinung nach, die größte Entlastung bringen. Dass man für sich einfach selber schaut, was läuft bei uns gut? Was können wir eigentlich ganz gut? Und davon einfach mehr zu machen. I: Das klingt nach einem guten pragmatischen Ansatz. B: Ja, eine ganz kurze Sache. Wir haben, zum Beispiel, bei uns beim Homeschooling es so gemacht, dass wir einfach den Lehrern gleich am Anfang geschrieben haben, dass die Kinder alles machen werden, aber auf keinen Fall bis Freitagmittag um zwölf. Sondern wir können am Sonntag abgeben und wir machen dann einfach ganz viele Dinge am Wochenende, wenn noch was nachzuarbeiten ist. Das nimmt unglaublich viel Druck raus. Und die Lehrer sind froh, wenn sie überhaupt kooperative Eltern haben, die nicht nur rummotzen. Und auch mal was Nettes sagen. Und nicht nur schimpfen, dass alles schlecht läuft. Und ich glaube, wenn man da einfach miteinander freundlich ins Gespräch geht, dann ist da auch ganz viel möglich. I: Ja, das klingt total pragmatisch. Und ich unterschreibe das auch, dass viele Eltern das wahrscheinlich von sich aus schon machen. Weil es bleibt ihnen ja gar nichts anderes übrig. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es halt oft mit einem Scham- und einem Schuldgefühl einhergeht. Wenn man nicht mitbekommt, dass andere das ja auch so machen. Also wenn man jetzt hört, das ist auch bei anderen so und das geht nicht nur mir so. Ich bin jetzt nicht einfach zu faul oder bekomme als Einzige das gerade nicht hin. Das ist ja dann schon beruhigend, wenn ich merke, das geht gerade allen so. Und ich bin deswegen keine schlechte Mutter. Oder kein schlechter Vater. Und es ist, glaube ich, auch ganz wichtig, dass man sich da so ein bisschen auf die Gemeinschaft besinnt. Und schaut, wir sind als Familie ein komplexes Gebilde und jeder von uns muss am Ende glücklich sein. Da fällt ja ganz stark dieses Thema Selbstliebe auch mit rein. Dass man einfach gut zu sich und nicht zu streng mit sich ist. B: Ja und ich glaube, das kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Also wenn man wirklich, wo es geht, auf sich selber als Eltern achtet und seinen eigenen Kram auf der Reihe hat, dann geht das meistens mit den Kindern automatisch alles viel besser. Also ich glaube, diese Ausrichtung auf das Wohl der Kinder kann auch sehr gefährlich sein. Weil man einfach schauen muss, womit geht es mir gut? Wann bin ich entspannt? Wann bin ich eigentlich eine entspannte, gute Mutter? Wann sind die Momente, an denen es uns gut gelingt? Und davon ausgehend geht einem automatisch Vieles leichter von der Hand. Ich meine, das ist natürlich in so einer unglaublich angespannten Situation nicht einfach. Ich finde es ganz wichtig, dass man das, was los ist, auch in den Job hinein kommuniziert. Also dass man sozusagen auch, wenn man als Mensch zur Arbeit geht und sagt, was bei einem gerade los ist. Denn nur dann kann die Kollegin, die vielleicht keine Kinder hat, aber eine sterbenskranke Mutter, die gerade gepflegt werden muss, nämlich auch sagen, was bei ihr gerade los ist. Und dann kann man sich das sozusagen gegenseitig auch mal abnehmen. Das finde ich ganz wichtig. Dass man das nicht so wegdrückt. Und ich glaube, da hat auch Corona so ein bisschen dazu beigetragen, dass das viel mehr im Bewusstsein ist. Ach so, die haben ja auch noch ein Privatleben. Was man vorher immer so ein bisschen aus dem Job rausgehalten hat. Das ging jetzt einfach nicht. Und ich finde, diese schöne Welle sollte man jetzt mitnehmen. Und viel mehr darüber auch im Job im Gespräch bleiben. Was ist bei mir zuhause eigentlich los? Und das gilt nicht nur für Eltern, sondern wie gesagt auch für Menschen, die andere Verpflichtungen haben. Wenn wir voneinander wissen, was privat los ist, dann können wir uns wechselseitig mal die Eltern den Nicht-Eltern und mal andersrum auch unter die Arme greifen. Das ist auch wichtig. Dieses darüber sprechen, was ist eigentlich gerade bei mir los. Finde ich. I: Ja, ein total schöner, wichtiger Ansatz. Der im Prinzip ja in die Richtung geht, dass man für die Lebensrealitäten anderer Menschen mal ein bisschen ein Gefühl bekommt. Und nicht immer nur in seiner eigenen Blase an die eigenen Probleme denkt und dass die jeder sehen muss. Sondern dass man auch mal schaut, was bei den anderen eigentlich los ist. Jeder Mensch hat ganz andere Herausforderungen, mit denen er gerade zu kämpfen hat. Und das ist ganz wichtig, dass man sich da mal ein bisschen Fingerspitzengefühl entwickelt und auch hinhört. B: Ja, ich finde vor allen Dingen, dass es wichtig ist, dass man diesen sich gegenseitig helfen Gedanken wirklich auf alle anwendet. Auf Eltern und auf Menschen, die eben keine Kinder, aber die dann andere Verpflichtungen haben. Und das auch nur so Solidarität funktioniert. Auch gegenüber dem Arbeitgeber, zum Beispiel. Natürlich freue ich mich, wenn der mir meine Freiheiten gewährt. Aber das heißt eben andersrum, wenn da jetzt gerade Messe ist oder irgendwas superwichtiges, dann ist es eben auch da mal länger. Und ich glaube, da muss so ein Vertrauen wachsen. Und das tut es nur, wenn man offen miteinander ins Gespräch geht. Also weniger jetzt nur gucken, geht es den anderen auch schlecht oder haben die irgendwie auch was. Als vielmehr so diesen Gemeinschaftsgedanken. Wir können dieses einander helfen nur so hin und her spielen, wenn wir einfach offen ansprechen, was los ist. I: Ja. Würden Sie das auch für den Zusammenhalt in der Familie so unterschreiben? Weil ich glaube, gerade wenn man kleinere Kinder hat, ist es ja auch das Problem, denen noch begreiflich zu machen, warum das alles geschieht. Ich könnte mir vorstellen mittlerweile haben auch kleine Kinder verstanden, dass das jetzt einfach so sein muss. Aber gerade zu Anfang in der Pandemie, wie will man da erklären, warum plötzlich Einschränkungen nötig sind. Warum man nicht mehr mit den Freunden spielen kann. Und ich glaube, da neigt man auch dazu, dann wirklich zu sagen: „Ich kann es ihnen ja nicht begreiflich machen. Dann stecke ich lieber selber zurück.“ Auch wenn das wahrscheinlich ganz gefährlich ist. B: Naja, also was ich nicht sagen will ist, dass man als Eltern nicht zurückstecken muss. Ich glaube, das ist eine riesengroße Lüge. Und die führt auch bei Eltern zu wahnsinnig viel Unzufriedenheit. Ist meine Erfahrung. Und ist auch meine eigene persönliche Erfahrung. Also ich glaube, in den Familien kommt viel Unglück heute daher, dass man sich einbildet, man könnte die Kinder haben und es würde so weitergehen, wie zuvor. Und das tut es definitiv nicht. Also Kinder zu haben ist eine absolute Entscheidung und das stellt jeden einzelnen Stein auf den Kopf. Nicht unbedingt zum Schlechteren. Überhaupt nicht. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass man sich auch klar macht, ja man hat die Verantwortung und das bedeutet Einschränkung. Man darf sich nur nicht völlig verleugnen. Und völlig verausgaben. Das ist so ein schmaler Grat. Also dass man einerseits sagt, das ist jetzt einfach ein Fakt. Wir haben die Kinder, wir müssen jetzt irgendwie gucken, wie kommen wir hier alle einigermaßen gut über die Runden. Aber andererseits eben sich selbst auch nicht komplett aus den Augen zu verlieren. I: Ja, das stimmt. Das ist nochmal eine gute Unterscheidung. Haben Sie da irgendwie einen konkreten Rat, wie man mit seinen Kindern ins Gespräch kommen kann und ihnen vermittelt, dass eben alle mit Einschränkungen leben müssen? B: Also ich glaube, mit so kleinen Kindern ist das in der Tat total schwer. Man kann das versuchen mit wenigen einfach Erklärungen, möglichst auch nur dann, wenn wirklich gefragt wird. Und ich glaube, alle Eltern haben da inzwischen auch so einen Modus Vivendi gefunden, dass sie feste Spielpartner haben. Unsere Kleine ist neun. Wir testen einfach wirklich bis der Arzt kommt. Also die dürfen sich mit festen Freunden verabreden. Und dann wird immer wieder getestet. Also da führt leider im Moment kein Weg daran vorbei. Bei den Winzig kleinen will man das natürlich nicht. Aber ich glaube, so feste Spielgemeinschaften sind nicht schlecht. So richtig kleinen Kindern kann man das natürlich sehr, sehr schwer erklären. Ich glaube, wichtig ist auch da, hat man das eigentlich für sich selber als Erwachsener klar. Wie geht es eigentlich mir mit diesen Einschränkungen? Und wie kann ich mich in so eine gute Stimmung bringen? Weil dann kann ich es auch gut meinen Kindern verkaufen. I: Ja das klingt einleuchtend. Wenn ich jetzt daran denke, bevor man vielleicht auch diese Spielgemeinschaften hat, dass es ja auch Zeiten gab, wo man wirklich aufeinander hockte, weil es einen harten Lockdown gab. Wie kann man das da schaffen, falls sowas nochmal passiert? Welche Möglichkeiten gibt es, um trotzdem einen halbwegs schönen Familienalltag miteinander zu verbringen? Sich Freiräume zu schaffen. Was kann man vielleicht tun, außer zusammen spazieren zu gehen? B: Ja, ich meine, ein richtiger Profi bin ich da auch nicht. Also ich kann nur sagen, was wir gemacht haben. Wir haben einfach versucht alles andere, was Stress macht, zu streichen. Und sowohl beim Arbeitgeber als auch an den Schulen zu sagen, was leistbar ist und was nicht. Und in meinem Falle hatte ich nun ein Wahnsinnsglück, weil Gruner und Jahr da ja extrem großzügig in allen Belangen war. Und wirklich gesagt hat: „Wer nicht kann, der kann einfach nicht. Wir gucken, was geht.“ Alle haben sich wahnsinnig bemüht, das irgendwie hinzukriegen. Aber es geht halt nicht, wenn Sie ein einjähriges Kind haben. Dann arbeitet man als Eltern im Schichtbetrieb. Und das war eine verdammt harte Zeit. Da führte aber auch nicht so viel Weg daran vorbei. Ich kenne ganz viele Eltern, die sich wirklich das in Stunden aufgeteilt haben. Und gesagt haben: „Du morgens die ersten vier. Dann mache ich zwei Stunden. Dann wieder die nächsten vier.“ Also wahnsinnig hart. Und ich meine, richtig hart war es für Eltern, die nicht so wie wir zuhause arbeiten können, sondern so richtige Präsenzjobs haben und wo die Kinder dann auch noch in die Notbetreuung mussten. Die glaube ich, sich für manche Kinder auch nicht gerade ideal angefühlt hat. Weil dann völlig neue Gruppen und neue Erzieher und so weiter waren. Ich glaube, da hilft nur einfach ganz viel fragen: „Was brauchst du jetzt von mir, damit es dir gut geht?“ Sowohl den Partner, als auch die Kinder. Was kann ich jetzt Gutes für dich tun? Und manchmal ist es einmal nur kuscheln, ein Buch lesen, Kakao oder eine Schokolade. Aber ich glaube da einfach miteinander sprechen. Und wenn man wirklich merkt, so, mir platzt jetzt die Hutschnur, sagen: „So, ich muss einmal kurz zehn Minuten raus. So lange dürft ihr was gucken.“ Um sich so ein bisschen Luft im Kopf zu verschaffen. Und nicht Zuviel verlangen von sich selbst. Das ist, glaube ich, das Wichtigste. I: Ja, also im Prinzip ein wertschätzender Umgang, sowohl mit sich selbst als auch mit anderen. Und immer wieder versuchen, einfach dafür ein Verständnis zu entwickeln, dass gerade nicht alles toll ist. Ja nicht probieren zu sagen: „So, wir schaffen es jetzt mit diesem einen Zaubertrick den alten Zustand wiederherzustellen.“ Sondern das ist gerade wahrscheinlich für alle einfach nicht die optimale Situation und da kommen wir aber auch irgendwie durch. B: Ja, ich glaube es ist auch ganz wichtig, grundsätzlich auch in Partnerschaften. Ich meine, die waren ja jetzt auch wirklich bis zum Zerreißen gespannt. Immer zu versuchen, auch unter großen Anspannungen, so den langen Riemen zu sehen. Wie es eigentlich im Großen und Ganzen ist und sich einfach auch Dinge gegenseitig zu gönnen. Ich höre ganz viel dieses Jahr jetzt, als es noch ging, jetzt hatten wir irgendwie Männerwochenende, jetzt brauche ich aber sofort dann auch noch gleich ein Frauenwochenende. Wo ich mit meinen Freundinnen unterwegs sein kann. Ich glaube so dieses Kleinklein aufzählen. Das führt zu einem unglaublich unguten Ungleichgewicht in Partnerschaften. Also sich einfach Spaß gönnen können. Sehen der andere hat es jetzt vielleicht gut und bei mir dauert es vielleicht noch ein bisschen. Aber so ein bisschen die lange Sicht im Blick behalten. Das finde ich irgendwie ganz wichtig. Weil sonst kommt so eine ungute Schieflage rein. Nichtsdestotrotz kommen wir sicherlich auch noch gleich darauf, die Aufteilung von Mental Load ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für funktionierende Familien. I: Ja vom Begriff Mental Load habe ich jetzt schon öfter gehört und finde das einen ganz spannenden Ansatz. Für die Hörerinnen und Hörer, die das vielleicht noch nie gehört haben. können Sie dazu nochmal ganz kurz was sagen? B: Ja, genau. Also es heißt so ganz platt übersetzt die mentale Belastung oder die Beladung sozusagen. Und das ist eben die Tatsache, ich glaube das empfinden viele Frauen so, die häufig an den Müttern hängen bleibt, dass so dieses alles im Blick behalten einfach eine wahnsinnige Belastung darstellt. Es ist kein Problem eine Zahnpasta zu kaufen. Aber daran zu denken, dass man eine Zahnpasta kaufen muss, dass Kinderarzttermine gemacht werden müssen, das Auto in die Werkstatt muss und der Urlaub gebucht werden muss. Und dann braucht noch die Erzieherin im Kindergarten ein Abschiedsgeschenk. Und dann müssen wir noch zum Elternabend. Diese ganzen Dinge im Kopf zu behalten, das ist es vor allen Dingen. Das macht viele Eltern wirklich fertig. Sind wie gesagt, jetzt nicht nur Mütter. Aber sehr häufig führt das zum Streit. Auch häufig zu Trennungen übrigens. Wenn die Frauen irgendwann sagen: „So, jetzt reicht es mir. Ich mache das eh alles alleine. Dann kann ich es auch gleich ganz alleine machen.“ Und ich glaube, da ist es sehr, sehr wichtig, dass da jetzt zunehmend eine Bereitschaft besteht, auf beiden Seiten, Seiten der Mütter und der Väter, darüber ins Gespräch zu kommen, wie können wir diese mentale Last sozusagen aufteilen? Und mein Trick wäre, einfach eine Liste zu erstellen mit all den ganzen fünf Millionen Dingen, die am Tag oder die grundsätzlich anfallen. Dazu gehört eben auch Kinderarzttermine buchen und sie besuchen. Und, und, und. Einkaufen, Einfahrt fegen. Was immer es bei den jeweiligen Familien ist. Und dann so Art Cluster bilden. Also so, weiß ich nicht, Schnittmengen. Was gehört zusammen? Sport. Schule. Kindergarten. Haus. Auto. Keine Ahnung. Und dann halt unter den Partnern diese Bereiche komplett aufteilen. Und dann aber auch aushalten. Das ist auch wichtig. Also wenn dann der Partner oder die Partnerin das Thema Auto übernommen hat. Dann auch wirklich die Klappe halten, sich nicht mehr einmischen und nicht mehr andauernd nachfragen. Sonst führt es zu Unmut. Also ich glaube, diese Aufteilung ist sehr wichtig. Bei vielen ist es ja nach wie vor so, dass die Väter Vollzeit arbeiten, die Mütter Teilzeit. Und dann muss man eben schauen, was sind die Tätigkeiten, die zum Beispiel ein Vater, der Vollzeit arbeitet dann am Abend online machen kann. Dazu gehört Klamotten bestellen oder keine Ahnung, irgendwelche Dinge, die man halt online erledigen kann. Online Banking, Überweisung machen oder so. Dass man jetzt nicht Dinge verlangt, die für den Partner oder die Partnerin, nicht machbar sind. Je nachdem wie man die Aufgaben verteilt. Aber ich glaube, so Pakete verteilen, du machst alles was für den Kindergarten ist, du machst alles, was für Schule ist. Und sich überhaupt mal klarzumachen, wie viel das eigentlich ist, was da zu verteilen ist. Das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Voraussetzung für eine gute Partnerschaft. Und für die Berufstätigkeit beider Eltern. I: Das ist ein sehr spannender Ansatz. Der hat mich wirklich fasziniert, als ich das das erste Mal gehört habe. Weil ich mich auch immer gewundert habe, wie das denn sein kann, dass manche Leute irgendwie eigentlich eine ganz gute Aufteilung der Aufgaben haben. Aber ein Part ist einfach gefühlt immer viel belasteter. Da ist mir zum ersten Mal aufgefallen, ja weil die Person die ist, die alles plant, die andere führt dann halt noch aus. Aber ich glaube zu sagen: „Okay, ich habe die Aufgabe bekommen, jetzt einzukaufen. Dann kaufe ich jetzt ein.“ Ist halt deutlich weniger anstrengend als alles im Kopf zu jonglieren. Und immer zu gucken, ah jetzt schicke ich meinen Partner zum Einkaufen. Jetzt mache ich das. Das ist halt viel mehr Aufwand. Deswegen finde ich das großartig, dass es diesen Begriff des Mental Load jetzt gibt. Damit man darüber auch ins Gespräch kommen kann. Damit man einfach mal sieht, was man da die ganze Zeit leistet. Wenn man der organisierende Part ist. Und das in so Cluster zu packen und zu sagen: „Okay ich gebe das jetzt vollständig ab.“ Das ist bestimmt am Anfang auch gar nicht einfach oder? Wenn man immer gewohnt war, die Kontrolle zu haben. B: Nein, das ist schwer. Ja, genau. Das ist nicht einfach. Ich finde einen ganz wichtigen Aspekt noch, heißt ja Mental Load und Sie haben es auch gerade gesagt, im Kopf jonglieren. Das Wichtigste bei dieser ganzen Aufgabenverteilung und von diesen ganzen fünf Millionen To-dos ist, dass man es eben nicht im Kopf hat. Sondern dass man das irgendwo sammelt. Sei es eine App oder ein Buch. Gibt ja unterschiedliche Methoden, wie man seine To-dos irgendwie aufschreibt. Aber es muss sofort aus dem Kopf. Denn irgendwann platzt der Kopf und das hält vom beruflichen Weiterkommen ab. Und das finde ich eben auch für Frauen wahnsinnig wichtig. I: Ja, ich bin da generell auch ein großer Freund davon. Ich führe seit einigen Jahren ein Bullet Journal. Und jeden Morgen kommt raus was in meinem Kopf ist, weil ich das Gefühl habe, dadurch geht es mir viel besser. Also kann ich absolut unterschreiben. Wir haben ja gerade schon so ein bisschen über das Thema Partnerschaft auch geredet. Was ist denn, wenn ich durch die viele Zeit, die man jetzt zusammen verbringt, merke, dass mein Partner vielleicht anders ist, als ich es mir so gedacht habe. Also vielleicht auch gerade so im Zusammenhang mit den Kindern. Wenn man die Kinder ganz anders behandeln würde. Wie kann ich denn damit umgehen? Spreche ich es einfach an? Wenn ich vielleicht sogar das Gefühl habe, oh da schwingen aber immer viele Aggressionen mit. Und das begrüße ich nicht oder so. Wie gehe ich da vor? B: Also ich glaube, zum ersten Mal ist es wichtig, sich klarzumachen, Kinder können sehr gut umgehen mit unterschiedlichen Arten Dinge zu tun. Kinder wissen sehr genau, bei der Oma ist es so, beim Opa ist es so, bei Papi ist es so und bei Mama ist es so. Ja, das können die ab, solange es nicht sozusagen um so eine seelische Gesundheit oder Gesundheit von Leib und Leben geht. Wenn der hier dauernd einen Klaps auf den Po gibt. Das möchte ich nicht, das darf auf gar keinen Fall sein. So eine Unversehrtheit. Die muss natürlich gewährleistet sein. Aber Unterschiedlichkeit müssen wir aushalten. Das ist einfach immer so. Nicht jeder macht alles gleich. Mein Mann wird es nie so machen wie ich. Und das ist auch gut so. Das brauchen die Kinder nämlich auch. Und ich finde Kinder zu bekommen ist einfach eine Chance, auch zum ersten Mal bei vielen Partnern, darüber ins Gespräch zu kommen, wie war es eigentlich bei dir. Und was fandest du eigentlich schön in deiner Kindheit? Was fandest du schwierig? Denn ganz viel von dem, was wir dann als Eltern tun und umsetzen und für richtig halten, haben wir ja von unserer Herkunftsfamilie. Und ich glaube, da ist es ganz wichtig darüber zu sprechen, wie war es denn bei dir. Was fandest du schön? Warum ist dir das jetzt wichtig? Und dann einfach versuchen so eine Art grundsätzlichen Wertekanon irgendwie zu finden. Auf dem man sich gemeinsam einigen kann. Und dann aber eben, wie gesagt, auch hinnehmen, dass trotzdem im Detail dann mancher manches anders macht. I: Das ist auch ein total wichtiger Punkt, über den ich eben als Nicht-Eltern auf jeden Fall noch nie nachgedacht habe. Dass Kinder damit sogar sehr gut klarkommen. Das finde ich sehr beruhigend. Weil ich glaube ich, sonst auch immer gedacht hätte: „Naja mein Partner und ich müssen uns später da irgendwie auf einen einheitlichen Kurs einigen.“ Aber das nimmt ja ganz viel Druck raus. Wenn man schon weiß, nein, das kann ruhig bei jedem anders sein. B: Naja, ich meine, man sollte sich nicht total widersprechen. Sonst haben Sie immer diesen Effekt, dass die Kinder dann mal zum einen, mal zum anderen gehen. Und dann kriegen sie da das durch und da nicht. Es sollte schon so einen grundsätzlichen Kurs geben, wo man sagt, was man will und was man grundsätzlich nicht will. Dass Kinder mit fünf Jahren Fortnite mit dem Papa spielen, wenn die Mutter dagegen ist, würde ich jetzt nicht empfehlen. So aber im Detail. Wie wichtig sind jetzt wirklich Gummistiefel oder sind nasse Füße auch mal okay? Ich glaube, das sind so häufig die Nichtigkeiten, wo man dann im Alltag aneinandergerät. Wo man sagen kann, gut macht er oder sie halt anders. I: Ja. Das stimmt. Das klingt auf jeden Fall nach einem guten Tipp, um auch als Paar so ein bisschen sich nicht dann über die Erziehung des Kindes zu zerstreiten. Wie haben Sie das in dieser Zeit denn sonst so erlebt? Man vernachlässigt sich selber wahrscheinlich mit, wahrscheinlich aber auch die Beziehungen. Wie kann ich es schaffen, dass ich nicht nur einfach in meiner Linie für die Kinder ein Team bleibe, sondern auch wirklich als Paar? Muss man dann einfach auch akzeptieren, dass da gerade große Einschränkungen nötig sind oder kann man es irgendwie trotzdem schaffen sich als Paar nahe zu bleiben? B: Also es gibt ein französisches Wort, das ich jetzt extra nicht französisch sage, weil ich es wahrscheinlich versemmel. Aber die deutsche Übersetzung ist, eine Familie ist ein Mann und eine Frau. Und das finde ich wirklich einfach wichtig, sich immer wieder klarzumachen. Wenn es den Partnern miteinander gut geht, wie auch immer das dann ganz genau aussieht, dann geht es der Familie gut. Und ganz häufig kommt nach den ersten Jahren, wo Mütter einfach auch selber in diese Rolle erst reinwachsen müssen, so ein Ungleichgewicht zu Ungunsten der Kinder rein. Was natürlich schön ist. Also wir wollen uns ja alle um unsere Kinder kümmern. Aber wenn sozusagen einer sich immer außen vorfühlt, dann führt das häufig zu Problemen. Und ich glaube, dass es auch da immer wieder wichtig ist, irgendwie miteinander zu sprechen. Sich manchmal vielleicht auch einfach was Nettes zu schicken, ein kleines Blümchen zu kaufen, Lieblingsteekanne, keine Ahnung. Einfach nette kleine Gesten. Das große Ding geht ja meistens gar nicht immer. Also ich glaube, die wenigstens können ja wirklich, also jetzt gleich schon gar nicht, in ein Wellnesshotel fünf Tage ohne Kinder gehen. Das ist einfach eine Illusion bei ganz vielen Familien. Finanziell und auch zeitlich eine Illusion. Wer nimmt fünf Tage die Kinder? Die Großeltern müssen selber noch dazu verdienen, um ihre Rente aufzubessern. Ich glaube, die kleinen Fluchten sind es, die man sich zusammen gönnen kann. Und sei es ein Picknick mit einer Flasche Wein. Muss ja auch nicht immer teuer sein. Also ich glaube, es ist schon wichtig darauf zu achten, auf der einen Seite, dass man ein Paar bleibt. Auf der anderen Seite aber auch da, die lange Sicht nicht aus den Augen zu verlieren. Also sich einfach klarzumachen, das sind jetzt harte Jahre. Ich finde, gerade die allerersten sind sehr stark Findungsjahre auch für eine Familie. Und es wird jetzt zwischendurch auch mal schwer. Und ich werde zwischendurch auch mal mehr investieren müssen als du. Und dann kommt die Phase, wo du mal wieder mehr investierst als ich. Und ich glaube, wenn man das einfach so ein bisschen annimmt, dass das einfach eine Phase ist, in der die Kinder wahnsinnig viel Platz einnehmen. Und sich gütig begegnet und davon ausgeht, dass der andere sein Bestes tut. Dann ist schon ganz viel gewonnen. I: Ja so ein verständnisvoller Umgang mit dem Partner, der Partnerin, ist da sicherlich am besten. Wie glauben Sie denn, wird es mit dem Thema Bildung weitergehen? Aktuell wird ja viel über Homeschooling gelöst. Was dann wirklich manche mehr oder weniger intensiv ableisten können. Und viele Eltern sorgen sich, wie es denn weitergeht mit der Bildung ihres Kindes. Glauben Sie, da besteht Grund zur Sorge? Oder wird, wenn die Schulen dann wieder öffnen, sich schon alles fügen? B: Als ich glaube auch da ist es wahnsinnig schwer von den Kindern zu reden. Weil ich kann sozusagen nicht mitreden. Wir haben genug Platz, wir wohnen in der Vorstadt, wir hatten genug Geräte für das Homeschooling und wir konnten unseren Kindern helfen. Das ist wirklich nicht die Norm. Und ich glaube ja, es gibt ein gerütteltes Maß an Kindern, die unter ganz schrecklichen Umständen, die letzten anderthalb Jahre verbracht haben. Mit Eltern die völlig am Limit waren. Eventuell von Existenzängsten auch noch bedroht. Die einfach ihren Kindern auch nicht helfen konnten. Also meine Mathekenntnisse, zum Beispiel, enden in der vierten Klasse. Ich bin absolut untalentiert in naturwissenschaftlichen Fächern. Wenn ich meinen Mann nicht hätte, dann hätten meine Kinder aber alt ausgesehen. In diesen Zeiten. Und wer kann das schon? Wer kann nochmal eben mit Mitte 30 irgendwie Chemie und Mathe erklären. Das ist eben bei den allerwenigsten der Fall. Und da ist mit Sicherheit eine ganze Menge aufzuholen. Und ich bin wirklich gespannt, wie das geleistet wird. Denn auch nicht alle Familien können sich Nachhilfelehrer leisten. Ich habe jetzt bei uns gesehen, dass teilweise den Kindern angeboten wird, in der Schule noch ein Jahr zu wiederholen. Das kann ich ehrlich gesagt nur empfehlen, wo es nötig ist. Also bloß die Kinder da jetzt nicht durchboxen, wenn man merkt, da sind riesige Lücken entstanden. Und was ich auch nur wärmstens empfehlen kann ist sich einfach Hilfe zu holen. Und manchmal kann ja Oma oder Opa noch was erklären, was man selber nicht kann. Oder auch Nachbarn. Und einfach um Hilfe bitten. Und sagen: „Also ich bin zu blöd. Ich kann es nicht. Ich habe es damals schon nicht gekonnt und jetzt kann ich Bio auch nicht. Aber hast du vielleicht noch Ahnung? Oder hast du ein bisschen Kapazität und Luft, wenn ich dafür die Rosen schneide?“ Oder weiß der Geier was. Was es halt immer ist. Also ich glaube, sich wirklich so ein Netzwerk aufbauen ist jetzt wichtig. Denn ja ich glaube, es gibt Kinder, die haben einen enormen Aufholbedarf. Und auch schlimme Dinge zu verarbeiten, die sie zu Hause mit sehr gestressten Eltern erlebt haben. Aber das ist, wie gesagt, auch eine Frage, aus welchen sozialen Verhältnissen sie stammen. Und wie das finanzielle Umfeld der Eltern in den Jahren war. Also wie der Druck auf die Eltern war. I: Also gilt auch hier, wie eigentlich immer, pauschalisieren ist nicht möglich. Das hängt ganz davon ab, in welchen Umständen die Kinder gerade die Pandemie erleben. Noch eine letzte Frage zu den Kindern. Aktuell steigt bei ganz vielen Kindern auf jeden Fall die Mediennutzung und leider auch die unkontrollierte Mediennutzung. Es ist natürlich einerseits auch ganz verständlich, denn viele Eltern wissen gar nicht, wie sie ihr Kind sonst beschäftigen sollen. Aber wie ist denn Ihr Standpunkt dazu? Finden Sie auch hier wie bei der Ernährung, dann ist das Übergangsweise mal so? Oder würden Sie sagen, ja das ist etwas, was man schon auch sehr im Auge behalten sollte? Und wie kann es einem vielleicht auch gelingen, die Mediennutzung zu regulieren? B: Also ich will da jetzt sozusagen den Druck nicht wieder erhöhen, den ich gerade irgendwie versucht habe ein bisschen herauszunehmen. Aber dieser Übergang dauert jetzt anderthalb Jahre. Das ist für Viele ein Fünftel oder ein Sechstel ihres Lebens. Das darf man von so einem Kind nicht vergessen. Das sind schon entscheidende Jahre. Und ich finde natürlich, selbstverständlich ist es in Ordnung, wenn man wirklich nicht mehr kann oder wenn es jetzt einfach auch so ist, zu sagen: „Okay, jetzt machst einfach eine halbe Stunde“, altersgerecht bitte schön, „guckst du Pur plus oder schaust dir was an. Oder spielst irgendwie was.“ Aber das darf natürlich nicht anderthalb Jahre acht Stunden am Tag so gehen, weil man arbeiten muss wie eine Verrückte. Also es wäre schön, wenn es anders ginge. Ich kann sagen, dass es bei uns in der Familie ein Riesenthema ist, an dem wir seit vielen Jahren rumdoktern. Was mich wahnsinnig nervt. Und ich versuche es zu vermeiden, wo es nur geht. Ich sehe, dass es häufig nicht anders geht. Und ich sehe vor allen Dingen auch, dass die sozialen Medien meine Kinder jetzt wirklich gerettet haben. Die Älteren. Weil sie sich darüber wenigstens irgendwie austauschen konnten. Man muss nur sehr aufpassen, dass das nicht so sehr einreißt. So ich persönlich bin ein großer Feind von zu viel Medienzeiten. Ich versuche es zu bekämpfen, wo es geht. Ich sehe auch, es ist die neue Zeit und man darf die Kinder davon auch nicht fernhalten. Das wird ihre Zukunft sein. Aber ich finde es eben sehr wichtig, Kinder gerade was die neuen Medien betrifft und alle Möglichkeiten, die das technisch mit sich bringt, auch nicht nur zu Konsumenten zu erziehen, die sich mit irgendwas berieseln lassen. Sondern auch zu Menschen, die was damit machen. Also ich habe auch zu meinen Kindern immer gesagt: „Wenn ihr jetzt Beatboxen macht oder ihr schneidet Filme oder ihr nehmt einen Podcast auf oder ihr entwerft irgendwelche Sachen oder ihr lernt programmieren. Dann können wir über erhöhte Bildschirmzeit sofort sprechen. Na klar. Ja, aber dann macht ihr was mit den Dingern.“ Aber sich nur mit YouTube Filmen oder mit irgendwelchen Games berieseln lassen, die ich durchaus respektiere, weil die den Kindern eine Menge abverlangen, auch an Geschicklichkeit. Aber ich finde, das selbst gestalten, dazu müssen wir unsere Kinder eigentlich mit Medien erziehen. Und das schließt nicht aus, dass ich meine Kinder zwischendurch auch mal kurz vor der Glotze parken kann, wenn ich eine Auszeit brauche. Oder wenn man eine lange Autofahrt hat. Na klar. Aber ich würde jetzt nicht dazu raten, die Kinder, über anderthalb Jahre während einer Pandemie, den ganzen Tag vor der Glotze zu parken. Leider nein. I: Ja, aber ich glaube, das ist ja wirklich dann ein extremes Maß. Wo Sie ja wahrscheinlich auch genauso wenig dazu raten würden, über anderthalb Jahre jeden Tag acht Stunden nur Fastfood zu essen. Also auch wenn Sie vorhin quasi meinten, man kocht nicht immer. Es ist halt immer dieses Absolute. Wenn man so ein bisschen ein gesundes Mittelmaß findet. Das ist, glaube ich, nicht verkehrt. B: Genau. Nur man hat halt währenddessen gedacht: „Ach, das dauert jetzt drei Monate und dann ist es vorbei.“ Und jetzt sind wir bei anderthalb Jahren. Dann hat man es so einreißen lassen. Es ist unheimlich schwer, da zurückzurudern. Keiner hat ja gewusst, wie lange das geht. Also ich meine, die Experten haben es gewusst. Aber wir Doofies dachten, ach das geht jetzt wahrscheinlich ganz schnell vorbei. Haben halt gedacht, naja jetzt sind wir halt mal drei Monate irgendwie eingeschränkt. Passt schon. Und dann sind sie aber bei anderthalb Jahren. Aber der Medienkonsum ist eingerissen. I: Ja, das stimmt. Ja. wenn man es nicht kommen sieht, dann denkt man: „Ach jetzt nochmal einen Monat, das geht jetzt auch noch.“ Aber dann sind es irgendwann anderthalb Jahre. Ja, da haben Sie recht. Ich fand aber den Ansatz super. Da habe ich auch vor kurzem eine Studie zu gelesen. Dass man Kinder dazu bekommen sollte, dass man sie zu Kreatoren macht. Dass man sagt: „So und jetzt nutze doch das Ganze, um dein eigenes Ding zu machen.“ Und das fand ich einen sehr spannenden Ansatz. Dass es auch immer mehr Kinder-Apps gibt, die ganz gezielt nicht dafür da sind, damit Kinder da irgendwas konsumieren. Oder vielleicht sogar auch im Spiel immerhin so ein bisschen Geschicklichkeit beweisen müssen. Sondern indem sie ihre eigenen Filme drehen. So Stockmotion Filme oder so. Fand ich total spannend. B: Genau. I: Wir haben ja jetzt gehört, dass Einschränkungen auf jeden Fall auch dazugehören. Dass wir aber ganz stark auf uns selbst achten sollten. Und auch auf unsere Partnerschaft. Was ist aber, wenn ich es trotzdem nicht schaffe? Wenn ich vielleicht sogar schon die Hilfe annehme, von der Sie zwischendurch gesprochen haben? Und trotzdem habe ich einfach das Gefühl, ich komme nicht mehr klar. Ich kann keinen Tag mehr, keine Woche mehr. Ich bin einfach völlig ausgebrannt. Würden Sie dann sagen, dass ich mir professionelle Hilfe holen sollte oder sollte ich mit meinem Partner darüber reden? Was ist so Ihr Ansatz? Muss ich in dieser Zeit funktionieren? Was habe ich da so für Möglichkeiten? B: Also ich bin ein riesengroßer Fan vorab darin sich professionelle Hilfe zu holen. Unbedingt machen, wenn man wirklich merkt, hier brennt was durch. Machen. Das können Erziehungsberatungsstellen sein. Das können einfach Psychologen sein. Wo man eine Verhaltenstherapie macht. Um zu gucken, wie kriege ich irgendwie meinen Alltag verbessert. Den Stress. Und ich finde auch da ganz wichtig mit dem Partner ins Gespräch zu kommen. Oder auch mit Großeltern. Oder umliegenden Freunden. Und wirklich zu gucken, wo können wir jetzt Druck rausnehmen? Also zum einen eben anzumelden, ich merke, ich schaffe es nicht mehr. Sich eventuell krankschreiben zu lassen. Ich meine, keine Seltenheit heute, wegen Erschöpfung. Und dann eben wirklich konsequent zu versuchen, den Alltag zu entmisten, mit Dingen die nicht unbedingt sein müssen. I: Genau. Hilfe anzunehmen ist auf gar keinen Fall ein Zeichen von Schwäche. Wir reden im Podcast hier auch immer wieder darüber, wie wichtig das ist, dass man auch für seine psychische Gesundheit sorgt und dass das kein Tabuthema sein sollte. Also auf jeden Fall immer Hilfe annehmen. Egal auf welche Weise man sie bekommen kann. B: Ja und ich glaube auch eins, also wenn Leute einen fragen: „Was kann ich für dich tun?“ Und man weiß, es ist ein unheimlich mühsamer Weg einen Verhaltenstherapeuten zu finden. Dann kann man sagen: „Du kannst mir bitte helfen, einen Verhaltenstherapeuten zu finden. Du kannst bitte den Schreibkram mit der Krankenkasse für mich machen.“ Also wirklich diese Dinge dann auch benennen und auslagern. Und ganz konkret sagen: „Ich brauche jetzt das.“ Ich glaube, das ist ganz wichtig, auch in Partnerschaften. Nicht nur so eine Kanonade von alles ist zu viel und du machst irgendwie gar nichts. Sondern konkret zu sagen: „Ich wünsche mir, dass du ab morgen die Kinder in den Kindergarten bringst. Ich würde mir wünschen, dass du ab sofort die Einkäufe machst.“ Oder was auch immer. Um einfach zu gucken, wo sind die Dinge, die wir noch optimieren können. Und zwar nicht im Sinne von optimieren, wie kriegen wir noch mehr in den Tag rein. Sondern was kann man vielleicht auch einfach weglassen, abgeben, online machen? Muss man nicht mehr selber hinlaufen oder so. Also da ist immer noch viel mehr Luft, als wir uns klar machen. I: Ja, das glaube ich auch. Ganz oft ist man einfach in seinem Trott gefangen. Man denkt, man muss das jetzt so weitermachen. Aber wenn man wirklich mal schaut, was sind denn die Tätigkeiten, die gerade elementar sind, die unbedingt sein müssen. Dann kann man schon mal einige wegstreichen. Und wenn man dann auch vielleicht noch mit dem Mental Load und den Themenclustern vorgeht. Dass man einfach sagt, ich gebe das auch wirklich ab. Ich habe den Kopf jetzt frei. Dann könnte ich mir vorstellen, dass das dann nochmal einiges bringt. B: Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir uns grundsätzlich auf das konzentrieren, was wir schon ganz ordentlich und gut hinkriegen. Und so ein bisschen, wenn man so will, auf die Ausnahmen gucken. Also wenn ich sage irgendwie: „Alles läuft beschissen. Und alles ist total ätzend. Und ich bin total fertig.“ Dann zu gucken, aber was sind denn die Momente, an denen es eigentlich gut läuft. Und die mal anzugucken. Und zu gucken, was sind das für Momente. Ich habe zum Beispiel ausreichend geschlafen. An den Tagen, an denen es gut gelaufen ist. Ein Termin ist ausgefallen bei den Kindern und deshalb hatten wir einen schönen Nachmittag. Und dann zu gucken, wie ich von diesen Ausnahmen, von dem was ich als besonders schwer empfinde, mehr machen kann. Also wenn ich gemerkt habe, ein Nachmittag, an dem ein Termin ausgefallen ist, war ein super schöner Nachmittag. Vielleicht diesen Termin einfach streichen. Und wenn ich irgendwie merke, es ist eigentlich immer dann besonders gut, wenn ich am Abend davor um neun ins Bett gegangen bin. Dann eben einfach mal eine Phase lang um neun ins Bett gehen. Wenn ich merke, ich bin dann am nächsten Tag ein besserer Mensch und eine geduldigere Mutter, dann ist es eben zwischendurch so. Also ich glaube, es ist ganz wichtig zu gucken, was ist denn schon da. Wann läuft es denn gut? Und davon mehr zu machen. I: Das klingt sehr einleuchtend. Vor allem, weil das zusätzlich auch noch so ein bisschen diesen Dankbarkeitsaspekt mit reinbringt. Den ich über mein Bullet Journal, zum Beispiel, auch abdecke. Weil ich das ganz toll finde in Phasen, in denen ich auch das Gefühl habe, mir wächst es gleich über den Kopf. Mich mal darauf zu konzentrieren, was war denn toll. Dann fallen mir ganz viele Dinge auf. Und man redet aber in seinem eigenen Kopf einfach leider immer eher über die negativen. Man sagt sich, das muss noch und das habe ich nicht geschafft. Wenn man mal aufschreibt: „Wow aber diese Sachen habe ich alle geschafft. Und das war super.“ Und die habe ich nicht nur geschafft. Es geht ja jetzt nicht darum, dass man wieder feststellt, ah ich habe aber genug geleistet. Sondern dass man einfach sieht, was läuft denn einfach gut. Und womit bin ich zufrieden. B: Ja, genau. Und in welchen Momenten fühle ich mich gut. Ich fühle mich gut, wenn ich einen schönen Tee getrunken habe. Ich fühle mich gut, wenn ich im Wald bin. Also einfach das mal sammeln. Und dann sagen: „So, okay und wenn ich merke, ich fühle mich jetzt nicht gut, dann mache ich was von der Liste. Von den Dingen, die mir guttun.“ I: Ja. Da fand ich auch vorhin total schön, als Sie das im Bezug mit der Partnerschaft, gesagt haben. Letztlich ist es so, wenn wir für uns sorgen, also mein Thema mit dem ich meistens unterwegs bin, ist ja auch Selbstliebe, dann geht es in der Regel auch meinem Umfeld gut. Wenn ich mich nicht immer hinten anstelle. Natürlich muss ich auf jeden Fall auch zurückstecken. Das müssen gerade alle. Aber wie schaffe ich es denn, dass es mir trotzdem gut geht. Weil dann habe ich nämlich die volle Kraft, um eine gute Mutter zu sein, ein guter Partner. Und kann aber auch von denen natürlich ganz viel bekommen. Denn mein Ziel ist nicht, mich selbst zu lieben, auf mich zu achten, um dann wieder nur für andere da zu sein. Das ist einfach ein komplexes Thema. Was Sie uns heute sehr schön gezeigt haben, dass es sehr komplex ist. Finden Sie denn, um hier mit etwas Positivem abzuschließen, dass diese ganze Phase auch etwas Gutes hatte? Dass man irgendwie mehr zusammengewachsen ist oder so? B: Also ich finde absolut, dass es was Gutes hatte. Weil ich glaube vielen Arbeitgebern jetzt erst so richtig klar ist, dass ihre Mitarbeiter Kinder und auch Verwandte haben, um die sich gekümmert werden muss. Und da ist aus der Not heraus sehr viel Verständnis erwachsen. Habe ich durchaus bei vielen gehört. Und ich hoffe, das bleibt erhalten. Man weiß jetzt, wie sieht es bei den Leuten zu Hause aus. Man hat einfach ein bisschen mehr Persönliches erfahren. Dann glaube ich ist gut, dass wir alle viel mehr wertschätzen werden, wie schön es ist, sich einfach zu sehen. Sich wirklich zu sehen. Sich anfassen zu können. Sich im Büro zu treffen. Also ich glaube, man wird das sehr genießen, jetzt erst mal die nächsten Monate, wenn es so ein bisschen Stück für Stück wiederkommt. Und ich kann jedenfalls bei uns sagen, also mein Mann war ins Homeoffice gezwungen, ich mach schon seit vielen Jahren Homeoffice. Und ja, also dieses Verständnis füreinander. Ich habe plötzlich gesehen, oh Gott zwölf Stunden Videokonferenzen am Tag ist ja wirklich ein Alptraum. Also einfach, weil ich es gesehen habe, wie krass das ist. Ohne Punkt und Komma als Führungskraft da ständig in diesen Konferenzen zu sitzen. Und er wiederum hat gesehen, dass sozusagen die Tatsache, dass ich in Anführungsstrichen nur halbtags arbeite und nachmittags ja den Rest machen kann, auch nicht so einfach getan ist. Weil der Rest wahnwitzig viel ist. Also da ist bei uns jedenfalls in der Partnerschaft für beide Seiten auch viel Verständnis gewachsen. Und durch diese gemeinsam Homeoffice Zeit haben wir, zum Beispiel, einfach jeden Tag zusammen gegessen. Was wir seit Jahren nicht hatten. Also auch immer nur kurz. Aber danach hatte man halt immerhin schon wieder ein bisschen Nähe getankt. Also es gab durchaus bei uns jedenfalls auch positive Entwicklung. Bei anderen sicherlich auch. Aber ich glaube, bei allen ist jetzt die Geduld erschöpft. Man will so ein bisschen sein Leben zurück. I: Ja, das kann ich so unterschreiben. Gibt es denn noch irgendwas, wo Sie das Gefühl haben, das würden Sie unseren Hörerinnen und Hörern gerne noch zum Abschluss mitgeben? B: Ich hatte eine ältere Freundin, die leider inzwischen gestorben ist. Eine unglaublich Positive, allerdings multiple erkrankt an allen möglichen Dingen. Aber unglaublich kraftvolle und lebensfrohe Person. Und die hat immer zu mir einen Spruch gesagt, den ihre Mutter ihr schon gesagt hat. Und der lautete da du es eh tun musst, tu es gern. Und irgendwie macht mir dieser Spruch immer Spaß. Und immer wenn ich denke so: „Ah, jetzt das irgendwie auch noch. Ich habe überhaupt keinen Bock.“ Dann sage ich mir den vor. Weil es irgendwie stimmt. Also es gibt Verpflichtungen, die wir haben. Und es nützt nichts, andauernd über die zu jammern, sondern einfach irgendwie Arschbombe ins Glück und machen. Und schon diese andere Haltung dazu löst bei mir jedenfalls schon viel Krampf. I: Das ist sehr schön. Ich hoffe, dass dieser Input auch unseren Hörerinnen und Hörern in Zukunft an Kraft geben wird. B: Ich hoffe das, ja. I: Vielen Dank, Frau Schmidt-Jortzig vom ELTERNgespräch Podcast für dieses tolle Interview. Und damit verabschieden wir uns in eine Sommerpause. Die nächste Folge erscheint im September. Nutzt die Zeit bis dahin doch sehr gerne, um nochmal in alte Folgen hinein zu hören. Zum Beispiel die Selbstliebe-Staffel oder die zum Thema Cybermobbing. Um nichts zu verpassen, wenn es weitergeht, abonniere doch einfach unseren Kanal auf einem Podcast Player deiner Wahl. Und hinterlasse uns auch sehr gerne eine Bewertung. Damit wir wissen, was wir noch besser machen können. Und was dir schon gefällt. Wir wünschen dir einen wunderschönen Sommer und hören uns dann wieder im September.

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