Schwangere müssen für Untersuchungen freigestellt werden

Der besondere Schutz von Schwangeren am Arbeitsplatz beginnt nicht erst beim Kündigungsschutz. Bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses gelten wichtige Pflichten für Arbeitgeber – dazu zählt auch die Freistellung für Schwangerschaftsuntersuchungen.

Freistellungspflicht: Was Arbeitgeber wissen müssen

Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, schwangere Arbeitnehmerinnen für medizinisch notwendige Vorsorgeuntersuchungen freizustellen. Diese Pflicht ergibt sich aus § 7 Mutterschutzgesetz (MuSchG). Der Anspruch gilt für alle Untersuchungen, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung während Schwangerschaft und Mutterschaft vorgesehen sind – unabhängig davon, ob die Arbeitnehmerin gesetzlich oder privat versichert ist.

Untersuchungstermine: Grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit – aber nicht zwingend

Zwar soll die schwangere Arbeitnehmerin laut Gesetz versuchen, Untersuchungstermine außerhalb der Arbeitszeit zu legen. Ist das nicht möglich, muss der Arbeitgeber sie während der Arbeitszeit freistellen – ohne Gehaltskürzung.

Ein Anhaltspunkt für den Umfang der notwendigen Freistellung sind die Mutterschaftsrichtlinien:

  • Erste Untersuchung möglichst frühzeitig
  • Kontrolluntersuchungen etwa alle vier Wochen
  • In den letzten zwei Schwangerschaftsmonaten: je zwei Untersuchungen
  • Auch nach der Geburt sind weitere medizinische Untersuchungen möglich

Entgeltfortzahlung: Keine Gehaltseinbußen für Untersuchungen

Für die Zeit der Freistellung muss der Arbeitgeber das volle Gehalt weiterzahlen – so, als wäre die Arbeitnehmerin anwesend gewesen (Lohnausfallprinzip). Die Freistellung umfasst dabei nicht nur die reine Untersuchungszeit, sondern auch die notwendige An- und Abfahrt. Fahrtkosten muss der Arbeitgeber allerdings nicht erstatten.

Stillzeiten nach der Geburt: Zusätzliche Schutzregelung

Auch nach der Geburt bestehen Schutzrechte: Arbeitgeber müssen Arbeitnehmerinnen, die stillen möchten, Stillzeiten im ersten Jahr nach der Geburt ermöglichen (§ 7 Abs. 2 MuSchG). Diese Stillpausen müssen nicht nachgearbeitet werden und werden nicht auf Ruhepausen angerechnet.

Beschwerden in der Schwangerschaft: Beschäftigungsverbot oder Arbeitsunfähigkeit?

Kommt es im Verlauf der Schwangerschaft zu Beschwerden, muss ein Arzt beurteilen, ob ein individuelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird oder ob eine normale Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Ein Beschäftigungsverbot ist nur dann zulässig, wenn die Beschwerden ausschließlich schwangerschaftsbedingt sind und keine Krankheit zugrunde liegt.

BFH-Urteil stärkt Rechte Schwangerer

Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) stellt klar: Arbeitnehmerinnen haben erst dann positive Kenntnis von ihrer Schwangerschaft, wenn eine ärztliche Untersuchung dies bestätigt – nicht durch einen Selbsttest. Das hat auch Auswirkungen auf den Kündigungsschutz: Im entschiedenen Fall konnte eine schwangere Arbeitnehmerin noch nach Ablauf der Klagefrist erfolgreich gegen ihre Kündigung vorgehen, da sie erst später offiziell von ihrer Schwangerschaft erfuhr.

Fazit: Arbeitgeber müssen Freistellung und Schutz ernst nehmen.

 

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